Kultur: „Ich bin ja nicht der alte böse Holländer“
Erik Bruinenberg über seine Arbeit am Waschhaus
Stand:
Herr Bruinenberg, wie fühlen Sie sich als neuer Kurator des Waschhauses, der offensichtlich zwischen den Stühlen sitzt?
Mir geht es gut. Gesundheitlich und auch psychisch. Ich bin bloß in eine komische Situation geraten.
War das nicht vorhersehbar angesichts der angespannten Lage im Waschhaus?
Ja, aber ich habe mich nach langer Überlegung trotzdem darauf eingelassen und am 14. November meinen Vertrag als Verantwortlicher für Bildende Kunst, Film und Literatur unterschrieben. Vergangenen Montag sollte die persönliche Übergabe sein, aber meine Vorgängerin fand keine Zeit dafür. Ich habe nur ein Papier bekommen und was darauf stand, ist zum Teil nicht zu Ende gedacht. Mein Auftrag, so schnell wie möglich ein neues Programm aufzustellen, ist in dieser Situation kaum leistbar.
Warum haben Sie sich überhaupt darauf eingelassen?
Das Waschhaus, in dem ich ja schon bis 2002 als Kurator tätig war, ist für mich erneut eine Herausforderung. Ich bin jetzt 56 Jahre alt und möchte einfach noch mal durchstarten, und so einen Job bekommt man nicht alle Tage angeboten. Ich möchte wieder Sachen herholen, die für das Publikum große Bedeutung haben. In den letzten neun Jahren habe ich viel dazu gelernt, bin auch mal dabei auf die Schnauze gefallen, wie mit der Inter-Galerie. Aber ich habe meine Schlüsse daraus gezogen.
Wohin soll jetzt die Reise gehen?
Ich möchte Kunst in seiner ganzen Bandbreite zeigen, von einem Kaliber wie Dennis Oppenheim bis zum Kaliber junger Potsdamer Nachwuchs. Vor allem möchte ich den Kunstraum näher ans Waschhaus bringen, vielleicht auch mal eine Ruby-Tuesday-Veranstaltung in einer passenden Ausstellung stattfinden lassen. Außerdem möchte ich den Schirrhof besser bespielen, dem Trollwerk Art e.V. als Kurator der Container-Ausstellungen dabei treu bleiben und auch mit dem Museum Fluxus+ kooperieren.
Die AG Gegenwartskunst hat sich massiv gegen Sie als Nachfolger von Katja Dietrich-Kröck ausgesprochen.
Das ist eine Form von Rufmord. Die AG hat mich als nicht geeignet abgestempelt. Aber ich habe schon erwartet, dass Neid und Eigeninteressen von Leuten nach oben kommen.
Wer ist neidisch?
Die AG Gegenwartskunst, in der nach dem Ausscheiden von Katja Dietrich-Kröck ja nur noch vier Institutionen sitzen, will einfach wie bisher den Kunstraum umsonst für eigene Projekte nutzen. Das ist in meinem Fall nicht mehr so möglich. Ich werde in diesen Räumen das Waschhaus präsentieren und das heißt, etwa 70 Prozent der Ausstellungen selbst kuratieren. Vorher waren immer andere Kuratoren am Werk. Im Moment wissen viele ja gar nicht, dass der Kunstraum zum Waschhaus gehört. Es fehlte das Profil, wobei ich nicht sagen will, dass die Ausstellungen schlecht waren. Mit Kunstraum assoziierte man Katja Dietrich-Kröck und sie hat eine Form gefunden, die vielen gefallen hat. Da ist nichts gegen zu sagen. Ich gehe meinen eigenen Weg – gemeinsam mit dem Waschhaus.
Auch der Aufsichtsrat des Waschhauses hat kritisiert, dass es keine Ausschreibung gab. Fühlen Sie sich als Bauernopfer, weil man sich vielleicht nur am Geschäftsführer abarbeiten will?
Nein, ich denke, es gibt schon die Interessen von Dritten. Leute, die mich hier nicht wollen, ergreifen das Wort, reden von fehlender Transparenz. Da schrillen natürlich im gesamten Rathaus die Glocken, das ständig mit dem Vorwurf der Intransparenz konfrontiert ist. Ich arbeite seit 21 Jahren in der Stadt, war in der Kunstfabrik, fabrik, im Waschhaus, habe das ehemalige Sanatorium Beelitz-Heilstätten mit Kunst belebt. Was wollen die noch wissen? Über 100 Ausstellungen zeigen ganz transparent, wofür ich stehe.
Wäre eine Ausschreibung nicht dennoch sinnvoll gewesen?
Ich glaube, dass die ganze Ausschreiberei rein zeitlich gar nicht möglich gewesen wäre. Katja Dietrich-Kröck hat vom 13. Oktober zum 15. November gekündigt. Außerdem kann das Waschhaus als GmbH ganz allein über sein Personal entscheiden. Dafür steht der Geschäftsführer. Aber gegen den führt man eine riesige Hetzkampagne. Dabei wird allein die Aufführung des Singspiels „Weißes Rössl“ immer wieder als Argument seiner Inkompetenz genutzt. Man hat scheinbar ganz vergessen, was der vorherige Waschhaus-Chef auch alles so verzapft hat. Das Afrika-Festival war eine Beleidigung für unsere afrikanischen Mitbürger. Man sollte das Rössl im Stall lassen. Ich habe 1994 schon mal den Feuerwehrmann im Waschhaus gespielt, damals herrschte genauso ein Chaos. Was es jetzt an alten Streitereien zwischen den Mitarbeitern gab, ist nicht meine Angelegenheit. Aber ich fühle mich ziemlich behindert in der Arbeit. Alle Dateien über die letzten neun Jahre in meinem Bereich sind gelöscht worden.
Sehen Sie sich in einem Jahr immer noch im Waschhaus?
Wenn ich nicht krank werde und das Waschhaus nicht von der Stadt und vom Land zugemacht wird, ja.
Wie lange läuft Ihr Vertrag?
Dazu sage ich nichts.
Macht Ihnen die Situation Angst?
Nein. Ich bin ein selbstständiger Mensch und wenn mir etwas nicht passt, dann melde ich mich.
Was wird mit Kino und Literatur, die ja auch zu Ihrem Verantwortungsbereich gehören und mit denen Sie bislang nicht konfrontiert wurden?
Das Open-Air-Kino hat immer der Cinemarstall e. V. gemacht. Und das kann auch so bleiben.
Aber das Waschhaus war doch beteiligt.
Das kann ich auch.
Und die Literatur?
Die Lesungen hat unter anderem Carsten Wist vom Literaturladen organisiert. Ich würde mit ihm weiterarbeiten, auch wenn er sich wegen der fehlenden Ausschreibung aufgeregt hat. Ich bin ja nicht der alte böse Holländer.
Das Gespräch führte Heidi Jäger.
Erik Bruinenberg,
56 Jahre, geboren in Enschede (Holland), seit 21 Jahren Kurator in Potsdam, u.a.
Kunstfabrik, fabrik, Waschhaus, Inter-Galerie, Trollwerk und jetzt
wieder Waschhaus
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