Kultur: „Ich möchte die Zuschauer berühren“ Gespräch mit dem Intendanten des Hans Otto Theaters Uwe Eric Laufenberg
Er hat wohl einen der schönsten Arbeitsplätze Potsdams: Uwe Eric Laufenberg. Der Intendant des Hans Otto Theaters bezog sein neues Domizil und das der Mitarbeiter in diesem Sommer.
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Er hat wohl einen der schönsten Arbeitsplätze Potsdams: Uwe Eric Laufenberg. Der Intendant des Hans Otto Theaters bezog sein neues Domizil und das der Mitarbeiter in diesem Sommer. Die Aussicht vom Schreibtisch geht über den Tiefen See hinüber zum Babelsberger Park mit seinen pittoresken Gebäuden. Aber zum richtigen Genießen ist Laufenberg bisher kaum gekommen. „Nur hin und wieder erlaube ich mir einen Blick“, so der Intendant, der fröhlich und ganz entspannt seinen Gast empfängt.
Doch die vergangenen Monate waren vollgestopft mit Organisieren und Inszenieren. Denn das neue Theater musste in Besitz genommen werden – woran man freilich immer noch arbeitet –, die Texte von Stücken, die zur Eröffnung vorgesehen sind, mit blutvollem Leben erfüllt werden. „Ich möchte die Zuschauer berühren, Geist und Gefühl gleichermaßen anregen. Das interessiert mich am Theater. Die Besucher sollen lachen, weinen und vor allem sich überraschen lassen.“
Mit Blick auf den Spielplan sagt Laufenberg, dass das Programm in seinem Haus weder kurzlebigen Moden noch völlig konventionell daherkommen solle. Das war in den ersten beiden Jahren, seit dem er in Potsdam ist, schon bestens zu erleben.
In den vergangenen Wochen war der Intendant wohl den ganzen Tag und die halbe Nacht im Theater. Für zwei Stücke während der Eröffnung hat er selbst die Regie übernommen, für die Uraufführung von „Katte“ des Berliner Autors Thorsten Becker und für den Klassiker „Nathan der Weise“ von Gotthold Ephraim Lessing.
Die beiden vergangenen Spielzeiten, in denen das „Theater unterwegs“ war, an besonderen Spielorten mit zumeist spannenden Aufführungen, verliefen sehr erfolgreich. Über eine Auslastung von 93 Prozent konnte man sich in der Saison 2005/2006 freuen. „Aber ich bin glücklich, dass diese Zeit, die ja aus der Not geboren wurde, ein Ende hat. Für die Theaterprovisorien, mit denen die Potsdamer, das Ensemble und die Besucher mehr als 50 Jahre leben mussten, ist nunmehr die Zeit abgelaufen“, so Uwe Eric Laufenberg. „Dass alle Mitarbeiter in einem Haus arbeiten, dass man sich wenigstens einmal am Tage trifft, dass nun vieles besser Hand in Hand gehen wird, wirkt sich, so glaube ich , sehr gut auf den Ensemblegeist aus.“
Der Intendant ist sich sicher, dass so manches in puncto technisches Innenleben noch der Übung und der Erfahrung bedarf, um alles in den Griff zu bekommen. „Dies ist die normalste Sache der Welt, auch der Einzug in einem solch komplexen und komplizierten Gebäude wie das Theater ist ohne Probleme wohl kaum denkbar.“
Fünf Inszenierungen sind ab heute in drei Tagen zu bewältigen. Alles läuft auf Hochtouren. Die Generalproben zu den jeweiligen Stücken zeigten bereits, dass auf und hinter der Bühne der große Wille herrscht, das Eröffnungswochenende zu einem großen Erfolg werden zu lassen.
Neben „Katte“ und „Nathan“ kommen „Der Sicherheitsabstand“ von Frédéric Blanchette, „Julia Timoschenko“ von Maxim Kurotschkin und Adriana Altaras und Thomas Bernhards Theatertext „Am Ziel“ zur Aufführung. Deren Regisseure Petra Luisa Meyer, Adriana Altaras und Gisbert Jäkel sind Künstler, an die Uwe Eric Laufenberg, wie er selbst sagt, ganz fest glaubt. Fast das gesamte Ensemble ist in den Inszenierungen zu erleben. Auch Gäste wie Desiree Nick, Jaqueline Macaulay, Günter Junghans und Manfred Karge konnten für den ersten Premierenreigen gewonnen werden.
„Das Thema Preußen wird uns auch in der ersten Spielzeit im neuen Haus beschäftigen. Hier in Potsdam kommt man einfach nicht drum herum, sich mit Friedrich II. zu beschäftigen“, sagte der Intendant. Auch in Thorsten Beckers Stück „Katte“ geht es um Friedrich, um den jungen Kronprinzen, der seinem tyrannischen Vater Friedrich Wilhelm I. entfliehen möchte und Unterstützung bei seinem Freund Katte findet. Dem Autor interessierte an diesem Stoff, der schon des öfteren Material für schriftstellerische und kompositorische Auseinandersetzungen war, wie jemand zerbrochen wird, wenn unbedingter Gehorsam, und Pflicht den Menschen entwürdigt, wenn dessen Gewissen von der „verdammten Pflicht und Schuldigkeit“ vergewaltigt wird. Auch das Militaristische, in das Friedrich hinein gezwängt wurde, obwohl er gern Künstler geworden wäre, ist Thema des Stückes. Henrik Schubert wird den Kronprinzen spielen, Manfred Karge seinen Vater, Moritz Führmann den Freund Katte und Jennipher Antoni Friedrichs Schwester Wilhelmine.
Thorsten Becker hat zu dem Stoff ein kunstvolles Buch geschrieben, das soeben – ganz aktuell zur Uraufführung – unter dem Titel „Fritz“ bei Rowohlt erschienen ist.
„Lessings ,Nathan der Weise“ zeigt das andere Preußen, das der Vernunft, der Toleranz und der Mitmenschlichkeit. Vor gut 250 Jahren entstand dieses Stück. Ein alter Text, der aber brennend aktuell ist. Ich wollte ihn nicht nur auf seine wunderbaren weisen Worte, die in Fülle in diesem Schauspiel zu finden sind, reduzieren, oder den Geschäftsmann Nathan als Propheten darstellen. Lessing wusste so viel von uns Menschen. Und dies will ich erlebbar machen.“ Der Regisseur und Intendant lässt das Becker-Stück im historischen Ambiente spielen. Aber er wird sich dabei kleine Anachronismen erlauben. „Bei Nathan habe ich dagegen so getan, als ob die Geschichte heute geschehen ist.“ Günter Junghans ist der Nathan, Hannes Wegener spielt den Tempelherrn und Javeh Asefdjah die Recha.
Preußen wird im Spielplan bestimmend sein. In den kommenden Tagen beginnen bereits die Proben zur Dramatiserung von Fontanes „Effi Briest“. „Damit wollen wir die Romane des großen märkischen Dichters weiterhin auf die Bühne bringen. 2005 begannen wir mit ,Frau Jenny Treibel“ im Palais Lichtenau, die mit großem Beifall aufgenommen wurde.“ Dann kommt in „Trenck“ nochmals Friedrich II. auf die Bühne, diesmal der ältere. Sein „Gegenspieler“ ist der junge Offizier Trenck, der nach Aufdeckung von verräterischen Briefen ins Gefängnis geworfen wird.
Uwe Eric Laufenberg wird, nachdem am Sonntag die letzte Aufführung des Premierenmarathons über die Bühne gegangen ist, sich am kommenden Tag nicht in sein Büro mit dem romantischen Ausblick begeben, sondern sofort zu einer Probe eilen. Sängerinnen und Sänger sind angereist, um vom Regisseur Laufenberg zu erfahren, welche Lesart er für Mozarts Oper „Cosi fan tutte“ bereit hält. Dies ist die nächste Arbeit, die für ihn ansteht. Die Premiere ist für den 4. November im Schlosstheater im Rahmen der „Potsdamer Winteroper“ vorgesehen. Der 45jährige vielseitige Regisseur, der sich auch immer wieder gern im Musiktheater tummelt, möchte einen Mozart-Zyklus auf die Bühne bringen. Im nächsten Jahr soll „Die Entführung aus dem Serail“ folgen. „Aber wie wir diese Produktion verwirklichen können, ist noch mit einem Fragezeichen versehen, denn die Kommune und das Land Brandenburg müssen endlich sagen, ob sie die ,Winteroper“ wollen oder nicht. Und ohne Geld geht schließlich nichts.“
Bei des Intendanten knapper Zeit will man nicht unhöflich sein, das Gespräch unnnötig in die Länge zu ziehen. Nach 30 Minuten schaut bereits ein Mitarbeiter ins Zimmer und berichtet, dass ein kleines technisches Problem auf der Bühne bestehe, welches, verrät er in Anwesenheit des Gastes nicht. Laufenberg hört sich“s gelassen an und meint: „Probleme sind da, um sie zu lösen“, nimmt das Telefon, kümmert sich um den Fall und wünscht dem Gesprächspartner: „Anregende Theaterabende im neuen Haus.“
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