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Immer auch eigene Gehilfin. Barbara Viola Heidenreich.

© Hofkonzerte/promo

Kultur: „Ich spiele auf der großen Wiese mit“

Seit 20 Jahren organisiert und veranstaltet Barbara Viola Heidenreich die Potsdamer Hofkonzerte

Stand:

Frau Heidenreich, mit dem heutigen Eröffnungskonzert der Potsdamer Hofkonzerte Sanssouci im Schlosstheater begehen Sie gleichzeitig auch ein Jubiläum. 20 Jahre Hofkonzert, das klingt nach einer Jubiläumssaison mit viel Stress.

In diesem Jahr hatte ich zum ersten Mal weniger Stress, weil ich die Planungen und Vorbereitungen sehr gut eingeteilt habe. Und dann ist da mit Rückblick auf die 20 Jahre ein Gefühl, ja, ich nenne das jetzt mal so, ein Glücksgefühl eines erfüllten Lebensabschnittes. Darum kann ich dieses Jubiläum mit einer gewissen Gelassenheit angehen.

Als Sie die ersten Hofkonzerte organisiert haben, war da bei Ihnen überhaupt ein Gedanke daran, dass Sie das 20 Jahre lang durchhalten würden?

Es war mein Ziel, möglichst lange diesen neuen Beruf ausführen zu können. Aber man darf nicht vergessen, ich bin damals in das kalte Wasser der freien Marktwirtschaft gesprungen und da weiß man nie, was einen erwartet. Es gab natürlich auch mal Schwankungen, aber nie so große, dass ich hätte sagen müssen, die Potsdamer Hofkonzerte stehen auf der Kippe. Im Grunde war das ein beständiges Wachsen.

Und wie hat das alles angefangen?

Ich habe mit 18 Veranstaltungen angefangen. Damals hatte ich noch am Hans Otto Theater als Sängerin gearbeitet und von Juni bis September, immer Sonntagnachmittag, weil ich da nur Zeit dafür hatte, die Konzerte organisiert.

War es schwierig, dafür ein Publikum zu finden?

Überhaupt nicht. Ich hatte gleich im ersten Jahr Erfolg, daraufhin um einen Aufhebungsvertrag beim Theater gebeten, um den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen.

Wie haben Sie das überhaupt finanziert?

Ich bin sofort an die Privatwirtschaft herangetreten, um sie als Kunst- und Kultursponsor zu gewinnen. Dadurch habe ich mich von den vielen anderen, gerade entstehenden Festivals abgrenzen können, da die vorwiegend öffentliche Fördergelder in Anspruch genommen haben. Aber ich muss ganz deutlich sagen: Ohne die Unterstützung der Privatwirtschaft hätte ich das nicht überlebt. Dabei musste ich nie betteln, war der Umgang immer von gegenseitigem Respekt geprägt.

War da, so kurz nach der Wende, nicht eher Skepsis in der Privatwirtschaft einer Frau gegenüber, die mit einem Festival ihre ersten Schritte als Selbständige in der freien Marktwirtschaft probieren wollte?

Im Gegenteil, ich bin sehr in die Breite gegangen, hatte immer zwischen zehn bis 16 Sponsoren und alle waren sie euphorisch nach der Wende, wollten helfen. Von Tageszeitungen bekam ich große Anzeigen geschenkt, 20 in einem Jahr. Wolfgang Stresemann, der ehemalige Intendant des Berliner Philharmonischen Orchesters, übernahm 1991 die Schirmherrschaft. So bin ich da rangegangen. Mein Herz war weit, die Taschen leer, erste unternehmerische Fähigkeiten war auch schon da und natürlich auch sehr viel Idealismus und ein ordentliches Quäntchen Naivität.

Und damals wie heute haben Sie die Potsdamer Hofkonzerte in alleiniger Eigenregie organisiert?

Ja, am Anfang habe ich sogar die Plakate noch selbst geklebt. Im Schlosstheater gab es damals nur ganz kleine Eintrittskarten zum Abreißen. Davon habe ich dann 3000 Stück mit dem Stempel „Potsdamer Hofkonzerte“ vor jeder Saison eigenhändig bearbeitet. Ich habe konzipiert, Künstler engagiert, selbst die Karten an der Abendkasse verkauft. Alles, was man sich nur vorstellen kann, wenn man mit einem solchen Projekt anfängt. Und so ist es geblieben: Ich war immer auch meine eigene Gehilfin.

Mit Verlaub, das klingt alles ein bisschen zu einfach und zu schön.

Ich hatte auch mit Vorurteilen und Vorbehalten zu kämpfen. Es gab genug Leute, die sagten, die Heidenreich macht da nur auf Kommerz und ob das überhaupt noch mit Kunstansprüchen zu tun habe. Und ich habe nie den Ratschlag befolgt, größer zu werden. Manchmal sind auch das Erfolge, wenn man nicht jedem Ratschlag nachgibt. Ich bin klein und übersichtlich mit den Hofkonzerten geblieben, so dass ich das immer auch allein bewältigen konnte und nicht in eine Abhängigkeit von anderen gerate. Die Potsdamer Hofkonzerte sind dadurch all die Jahre eine Art Nische geblieben, trotzdem spiele ich aber auf der großen Wiese mit.

Aber warum wollten Sie ausgerechnet Konzerte im Schlosstheater im Neuen Palais veranstalten?

Eine solche Gründungsidee entsteht ja oft aus einem gewissen Mangel. Als Künstlerin am Theater war ich den üblichen Hierarchien unterworfen, mir wurde gesagt, was ich machen soll oder nicht. Das wurde mir irgendwann zu eng, ich wollte das nicht mehr. Und mit der Wende gab es plötzlich Möglichkeiten. Obwohl die Entscheidung damals nicht leicht fiel, mein Mann als Architekt wagte gerade auch den Schritt in die Selbständigkeit, spürte ich sehr deutlich, dass dies jetzt der richtige Weg für mich ist. Als ich dann zum letzten Mal im Theater als Sängerin auf der Bühne stand, wusste ich, dass dies ein Abschied sein würde. Von der Bühne hinter die Bühne. Die Wehmut war lange nicht so groß wie der Drang nach Unabhängigkeit. Und ich habe diesen Schritt nicht eine Sekunde lang bereut.

Welches Konzept steht hinter der Programmgestaltung der Potsdamer Hofkonzerte?

Die Potsdamer Hofkonzerte haben sich nie nur auf Konzerte historischer Aufführungspraxis beschränkt, sondern eine Art Symbiose von Tradition und Moderne versucht. Ich habe dafür auch neue Spielformen entwickelt, in denen ich Tanz, Schauspiel, Mode und Satire verbinde. In den Jahren sind daraus 14 Eigenproduktionen entstanden, die auch eine Art Markenzeichen der Potsdamer Hofkonzerte geworden sind.

Ausschlaggebend für den Erfolg eines solchen Festivals ist aber noch immer das Publikum.

Ja, das Publikum war bei den Hofkonzerten immer ein bürgerliches. Ich habe nie ein Publikum gehabt und auch nie gewollt, das mit Bussen angefahren wird, in das Konzert geht und dann wieder mit dem Bus abreist. Das hat mich nie interessiert. Es kam und kommt also das etwas ältere, typische Kammermusikpublikum, das leider mittlerweile langsam ausstirbt. Aber da ich mich jedes Jahr aufs Neue dem Kampf um die Potsdamer Hofkonzerte stelle, werde ich auch diese Herausforderung annehmen.

Das Gespräch führte Dirk Becker

Das Eröffnungskonzert der Potsdamer Hofkonzerte mit der Staatskapelle Berlin unter dem Motto „Preußens Hofmusik“ beginnt am heutigen Freitag, 19.30 Uhr, im Schlosstheater im Neuen Palais. Der Eintritt kostet zwischen 25 und 13 Euro.

Weitere Informationen unter

www.potsdamer-hofkonzerte.de

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