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Kultur: Ideen, die neidisch machen Einstein Forum im „Land der Ideen“ ausgezeichnet

Haben Sie Ideen? Schwere Frage, so spontan.

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Haben Sie Ideen? Schwere Frage, so spontan. Aber immerhin haben andere Ideen. Das Einstein Forum etwa. Hier hat man sogar Ideen, die neidisch machen. Gestern Abend wurde hier am Neuen Markt eine Tagung über das Thema Neid eröffnet (bis morgen). Das Programm spricht für sich: „Am Anfang war der Neid“, der „geilste Stoff“, der böse Blick und der Penisneid sind Gesprächsstoff. Wenn da kein Neid aufkommt. Dafür wurde das Einstein Forum gestern von der Bundeskampagne „Land der Ideen“ ausgezeichnet, just bevor man die Tagung eröffnete.

Direktorin Susan Neiman fragte sich allerdings, was ein Haus, das die Brücke zwischen den Geistes- und Naturwissenschaften schlagen will, zwischen den Elfenbeintürmen der Wissenschaft und der Öffentlichkeit, mit der ebenfalls in der Bundeskampagne zur Fußballweltmeisterschaft ausgezeichneten Berliner Philharmonie, der Börse und dem Europäischen Spargelmuseum gemein habe. Der ehemalige Kulturstaatsminister Michael Naumann wusste ein Antwort darauf: „Alle guten Ideen gedeihen unter der Erde und im Dunklen.“ So tief unter der Erde und dunkel ist das Einstein Forum dann zwar doch nicht, aber das Bonmot war es ihm Wert. Im gleichen Atemzug erinnerte der Zeit-Herausgeber dann auch daran, dass es in Deutschland ausreichend Ideen gibt. „Es fehlt nur an der finanziellen Infrastruktur“, sagte er mit Seitenblick auf das Einstein Forum, das auch Geld brauche.

Weit zurück bis zur Gründung des Einstein Forums 1993 holte dann Susan Neiman aus. Damals habe man im Land Brandenburg vor dem Hintergrund rechtsextremer Ausfälle nicht nur an die intellektuelle Gedankentradition Einsteins wieder anknüpfen wollen, sondern auch einen Ort geschaffen, an dem sich alle Vorteile einer Institution ohne institutionellen Zwang vereinen lassen. „Ein glückliches Paradox“, wie Neiman heute sagt. Seitdem versuche man, Einsteins informellen Stil und seine offenen Umgangsformen nachzuahmen. Etwa die weltoffenen Gespräche über „Gott und die Welt“, die er mit Künstlern, Forschern und Intellektuellen in seinem Sommerhaus in Caputh führte. Neiman erinnerte etwa an Vorträge wie den von UN-Chefinspekteur Hans Blix, der lange bevor klar wurde, dass der Irak keine Atomwaffen hat, dies schon am Einstein Forum hatte durchblicken lassen. Oder Enzensberger und Reemtsma, die ebendort gemeinsam ein unveröffentlichtes Theaterstück vorgetragen hatten.

„Wir versuchen das demokratische Denken der viel geschmähten Aufklärung wieder zum Leben zu erwecken“, fasst Neiman die Idee ihres Hauses zusammen. Darauf mag tatsächlich manch einer neidisch sein.

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