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Kultur: Illusionen prallen auf Realität

Das „WeltWasser“ im KunstHaus / Erlös einer Aktion von Gregg Schlanger geht nach Afrika

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Mit „WeltWasser“ geht das KunstHaus Potsdam zum Brandenburger Kulturjahr an den Start. Dem übergreifenden Thema „Faszination Wasser“ verschreibt sie sich noch bis ins kommende Jahr hinein mit einer Ausstellungsreihe, die auf die künstlerische Betrachtung von Wasser als Ressource setzt. Die bis 22. Juli zu sehende Gruppenausstellung macht Lust auf mehr, denn was die vier beteiligten Künstler Sissi Fonseca, Hugo Fortes (Brasilien), Gerhard Mantz (Deutschland) und Gregg Schlanger (USA) zeigen, ist nicht nur hochästhetisch, sondern auch poetisch, hintersinnig und engagiert.

Im Hauptraum konkurrieren Wasserwelten auf Leinwand von Gerhard Mantz mit der raumfüllenden Installation „Global Water“ Gregg Schlangers um die Gunst des Betrachterblicks. In besonderer Weise plastisch tritt uns das Wasser in den vier Bildern von Mantz entgegen. In fotorealistischer Manier wurden die am Computer minutiös berechneten Wasserpanoramen als virtuelle Bildwelten generiert und dann Pixel für Pixel auf Leinwand gedruckt. Der Künstler beherrscht das perfekte Spiel mit der Illusion. Dem Sog in diese traumartige Bildsequenzen hinein kann man sich nur schwerlich entziehen. Gleichzeitig sich angesichts der beiden Meeresbilder des Eindrucks nicht erwehren, die hoch schaukelnden Wassermassen könnten im nächsten Moment einfach aus dem Bild heraus schwappen.

Auch Sissi Fonseca setzt in der Videodokumentation ihrer in Braunschweig aufgeführten Performance „Was bleibt“ bewusst auf Verführung. Zu erleben ist, wie sich die Tänzerin und Bildende Künstlerin auf die anmutigste Weise den unterschiedlichsten Reinigungsritualen hingibt. Das eigentlich profane Hantieren mit Putzeimer und Lappen gerät hier zur kunstvollen Körperartistik und vergnüglichen Wasserspielereien. Freilich kommt bei alldem auch die humoristisch-kokette Selbstinszenierung nicht zu kurz.

Von Sissi Fonseca ist es nur ein Sprung nach oben, wo sich auf der Galerieempore ihr Mann Hugo Fortes mit verschiedenen Arbeiten präsentiert. Fortes, der dank eines DAAD-Stipendiums an der UdK Berlin seine Dissertation über Wasser in der zeitgenössischen Kunst schrieb, hat sich als Künstler schon immer vom Thema Wasser leiten lassen. Was ihn dabei interessiert, sind vor allem die unterschiedlichen physikalisch-ästhetischen Erscheinungsformen wie Spiegelungen, Lichtbrechungen oder der schwebende Auftrieb von Wasser. Diesen geht Fortes in groß- und kleinformatigen Installationen und poetischen Bildern nach. In seiner Videoarbeit „Fonte“ gerät ein in der Landwirtschaft eingesetztes Bewässerungssystem mit diagonal in den Raum gerichteten Wasserfontänen zu einem auch akustisch reizvollen Wasserballett.

Wer sich in die Fotos und Wasserbecken von Hugo Fortes, in die Performance von Sissi Fonseca oder in die Vexierbilder von Gerhard Mantz hineingeträumt hat, wird von den knallharten Fakten, die Gregg Schlangers Installation aussendet, unweigerlich aufgerüttelt und ganz und gar zurück in die Realität geholt. Für die umfangreichen Recherchen, die in die Arbeit „Global Water“ mündeten, hat sich der in Tennessee beheimatete Professor für Bildhauerei ein Jahr lang von seinen Lehrstuhlpflichten entbinden lassen. Wie unterschiedlich – und ungerecht – verteilt der tägliche Trink- und Gebrauchswasserverbrauch weltweit ist, lässt sich modellhaft an etwa 200 Glasgefäßen ablesen, die hier beispielhaft für verschiedene Länder und Nationen stehen. Abhängig von der landesabhängigen Verfügbarkeit der kostbaren Ressource sind sie mal bis zum Rand, mal nur symbolisch mit einem Schluck Wasser gefüllt. Schlanger möchte mit seiner Installation das krasse Missverhältnis zwischen dem mit 50 Liter pro Tag ermittelten Wasserbedarf eines Menschen und dem tatsächlichen Wasserkonsum inszenieren, der abhängig davon, ob er in Kanada oder in Äthiopien stattfindet, in einem kaum vorstellbaren Maße auseinander klafft.

Die Konsequenz, die der Aktionist Schlanger als gesellschaftlich engagierter Künstler für sich zieht, gipfelt in dem Vorhaben, am Ende der Ausstellung einen Teil der Flaschen zu verkaufen. Der Erlös soll zur Hälfte in die Finanzierung eines neu entwickelten Wasserpumpsystems in Afrika fließen. Die andere Hälfte hat Gregg Schlanger für die Weiterarbeit des Vereins KunstHaus Potsdam bestimmt.

Zu sehen Mi-Fr 15-18 Uhr, Sa/So 12-17 Uhr. Am 5. Juli um 19 Uhr findet im KunstHaus eine Lesung zum Thema „Faszination Wasser“ mit Texten von Goethe bis John von Düffel statt. Sprecherin: Uta Gosselck-Perschmann.

Almut Andreae

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