zum Hauptinhalt

Kultur: Im Abseits

Christian Klischat spielt in „Ersatzbank“ einen verbitterten Fußballspieler / Premiere ist Samstag

Stand:

Bei beiden wurde es weder etwas mit einer Fußballkarriere, noch klappte es als Rockstar. Dieses gemeinsame Schicksal führte sie schließlich zum Theater und zusammen auf die „Ersatzbank“: den Autor Albert Ostermaier und den Schauspieler Christian Klischat.

Ostermaier schrieb in seinem Monolog „Ersatzbank“, der am Samstag im Hans Otto Theater Premiere hat, über den Fußballspieler Uwe. Aufgestellt im Halbfinale um den DFB-Pokal, sieht er sich kurz vor einer großen Karriere. Der Sieg ist greifbar nahe. Doch ausgerechnet in letzter Minute, kurz vor dem Elf-Meter-Schießen, wird Uwe ausgewechselt. Die Mannschaft verliert, aus der Traum. Statt des steilen Aufstiegs zum Profifußballer, beginnt für Uwe der Abstieg. Sucht paart sich mit Kriminalität.

Für den derzeit vielbeschäftigten Schauspieler Christian Klischat ist es eine große Herausforderung, diesen einstündigen Monolog auf die Bühne zu bringen, zumal wenig Zeit zum Proben war. „Aber es ist ein toller Text und das spornt an. Und man kann viele schauspielerische Facetten zeigen, um dieser gebrochenen Persönlichkeit nahe zu kommen.“ Dazu braucht es an Requisiten nicht mehr als eine Bank. Stücke, wie Klischat sie mag.

Diese Bank befindet sich im ehemaligen Klub von Uwes Mannschaft, die ihn fallen ließ, als es ihm schlecht ging. Nun hat er sich dort mit einer Geisel verschanzt. Die junge Frau (Anita Twarowska) wird zwangsweise zu seinem Ventil. Wie auf der Couch eines Therapeuten lässt Uwe sein Leben vor ihr Revue passieren. Er erzählt von seiner Kindheit, wie er von seinem trunksüchtigen Vater in den Keller gesperrt wurde, wie sich seine Eltern trennten und wie er in der Fußballmannschaft Anschluss suchte. Fußball wird dabei zur Metapher für die Spielregeln einer Gesellschaft, in der man jederzeit ausgewechselt werden kann und schnell ins Abseits gerät. „Auch die, die Riesenerfolge feiern, können plötzlich abstürzen. Heute jubeln ihnen noch Tausende von Fans zu und morgen sind alle verstummt. Wenn man sich dann, wie Uwe, als der ewige Verlierer fühlt, wird man es auch wirklich“, so Christian Klischat über seine einsame und verbitterte Bühnenfigur, deren harte Sprüche einen weichen Kern ummanteln. Und die auch in Büchern Beistand sucht, dort aber ebenfalls keine Wurzeln schlagen kann.

Anders als der Autor des Stücks Albert Ostermaier, der es wenigstens in die Mannschaft der erfolgreichen Schreiber schaffte, wenn es als gebürtiger Münchner und „Bayern“-Fan schon nicht zur Nachfolge von Sepp Maier reichte. Auch sein Traum vom Rockstar war nach dem ersten Auftritt vorbei. „Statt ins Publikum sprang ich gegen einen Mauervorsprung, bis mir das Blut von der Stirn auf die weiße Gitarre tropfte. Mit aufgeschlitzter Stirn kann man eigentlich nur noch Dichter werden und nach diesen traumatischen Bühnenerlebnissen Dramatiker,“ schrieb er über sich.

Und der ebenfalls Fußball und Musik liebende Christian Klischat? Der darf sich auf der Bühne seine Traumwelten herbei spielen: Rockstar sein als Paul in „About a Band“ oder jetzt Fast-Profispieler Uwe. So ganz ist das Bolzen im wahren Leben für ihn aber nicht vorbei: Ab und an tritt er mit Kollegen vom Theater den Rasen und auch seine beiden Kinder bieten ihm einen sicheren Platz in der Heimmannschaft. Mit „Ersatzbank“ hofft er ebenfalls einige Treffer zu landen. „Erst eimal setzen wir damit in unserer Reihe ,Junges Theater in der Reithalle A ein Pflänzchen. Es wäre aber schön, mit dieser unaufwändigen Inszenierung in der Regie von Carsten Kochan auch an andere Orte zu gehen und mit ihr wachsen zu können.“ Was bietet sich da als Nährboden besser an als die Fußball-Europameisterschaft.

Morgen um 21 Uhr ist in der Reithalle A öffentliche Generalprobe, Eintritt frei. Premiere: Samstag, 19.30 Uhr.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })