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Kultur: Im T-Werk: „Der Kick“ über Mord in Potzlow

Im Sommer 2002 löst ein grausamer Mord landesweit Entsetzen aus: In Potzlow, einem Dorf in der Uckermark, misshandelten drei junge Männer einen befreundeten 17-Jährigen. Sie ermordeten ihn nach dem Vorbild einer Szene aus dem Spielfilm „American History X“ und versteckten die Leiche in einer Jauchegrube.

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Im Sommer 2002 löst ein grausamer Mord landesweit Entsetzen aus: In Potzlow, einem Dorf in der Uckermark, misshandelten drei junge Männer einen befreundeten 17-Jährigen. Sie ermordeten ihn nach dem Vorbild einer Szene aus dem Spielfilm „American History X“ und versteckten die Leiche in einer Jauchegrube. Obwohl es in dem Dorf Zeugen und Mitwisser gab, blieb die Tat fünf Monate lang unentdeckt.

Das Maxim Gorki Theater Berlin und das Theater Basel brachten diesen Fall als Schauspiel unter dem Titel „Der Kick“ von Andres Veiel und Gesine Schmidt auf die Bühne. Am 7. März um 11 und um 20 Uhr ist die Inszenierung im T-Werk Potsdam zu sehen.

In einer Art dokumentarischen Rekonstruktion schlüpfen die beiden Darsteller Susanne-Marie Wrage und Markus Lerch in die Rollen der Täter, ihrer Eltern, des Opfers sowie der Freunde, Mitwisser, Lehrer, des Pfarrers, Bürgermeisters und des Gerichts. Ein Ausflug in nahezu entzivilisiertes Gebiet, das unserer vermeintlichen Normalität erschreckend nahe kommt.

Der „Mordfall Potzlow“ wurde in der Öffentlichkeit mit schnellen Etikettierungen versehen: die Misshandlung und die Hinrichtung wurde als rechtsradikale Gesinnungstat eingestuft. „Da kein Ausländer zugegen war, haben die Täter einen aus ihrem Dorf genommen und ihn kurzerhand zum Juden erklärt.“ So der Staatsanwalt in seiner Stellungnahme. „Die wollten den Abend irgendeinen aufklatschen, wie das heute so ist, unter Jugendlichen.“ So der Bürgermeister.

Die Gewalt der Tat aber beginnt nicht in dieser Nacht. Und auch nicht mit dem Zerfall der Dörfer nach der Wende. Bei genauerem Hinsehen findet sie sich fortwährend in den Lebensgeschichten der Beteiligten, deren Eltern und Großeltern: 1942 im Umgang mit den polnischen Fremdarbeitern, 1960 bei der Zwangskollektivierung der Landwirtschaft, in den 90er Jahren im Umgang mit den „neuen“ Fremden.

Sowohl die Familie der Täter als auch die des Opfers sind „Zugezogene“, die in der Dorfgemeinschaft nie wirklich ankamen. Über die Montage der verdichteten Gesprächsprotokolle mit den Brüdern Marco und Marcel, ihren Eltern, den Freunden des Opfers, der Staatsanwaltschaft und der betroffenen Dorfgemeinschaft versucht „Der Kick“, die Biografien hinter der Tat sichtbar werden zu lassen.

Die Inszenierung wurde zum Berliner Theatertreffen und zu den Mülheimer Theatertagen eingeladen und 2005 mit dem Friedrich-Luft-Preis ausgezeichnet.

kip

7. März, 11 und 20 Uhr, Karten unter Tel. 0331-719139, Eintritt: Erwachsene 12 €/ Erm. 8 €, Schüler 6 € (Gruppe 5€).

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