Kultur: Immer auf der Suche
Das Potsdamer Ensemble Kleine Cammermusik feiert sein zehnjähriges Jubiläum mit zwei Konzerten
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Musikalische Neugier. Das ist vielleicht eine der vornehmsten Eigenschaften, die man dem Ensemble Kleine Cammermusik Potsdam bescheinigen kann. Jedenfalls ist ihr musikalischer Leiter, der Violinist Wolfgang Hasleder, ein unablässiger Inspirator für ein weitgefächertes und farbiges Repertoire von Musik der Barockzeit und der Frühklassik. Er ist jemand, der das Quellenstudium intensiv betreibt, um immer wieder Notenschätze aus Archiven und Bibliotheken ans Licht der Öffentlichkeit und damit auf dem Konzertpodium zum Klingen zu bringen. Und selbstverständlich vertritt das Ensemble, das sich der historischen Aufführungspraxis verpflichtet fühlt, hohen musikalischen Anspruch und begeistert durch große Spielfreude. Seit nunmehr zehn Jahren verfolgen seine Mitglieder dieses künstlerische Credo. In Konzertsälen und Kirchen Deutschlands legten sie erfolgreich ihre musikalische und interpretatorische Visitenkarte ab. Am Freitag und am Sonntag ist das Ensemble mit dem Konzert „A Quattro“ wieder in Potsdam zu erleben.
Potsdam ist für das Ensemble Heimat geworden. Manchmal wünschen sich die Musiker berechtigterweise mehr Zuspruch. Doch die Konzertreihe „Harmonia mundi – musica coelestis“ in der Friedenskirche oder im angrenzenden Friedenssaal ist längst zu einer Institution in Sachen Alter Musik geworden. Hervorzuheben ist, dass das jeweilige Programm der Reihe zwei Tage zuvor im Bürgerhaus Am Schlaatz zu hören ist. Dorthin finden immer mehr Besucher den Weg. Hasleder und seine Mitstreiter möchten Mitbürgern dieses Stadtteils und darüber hinaus die Distanz zu klassischer Musik nehmen.
Im Repertoire des Ensembles findet man neben der großen Bandbreite europäischer Barockmusik Werke, die mit der brandenburgisch-preußischen Musiklandschaft zu tun haben. In erster Linie von Mitgliedern der Hofkapelle König Friedrich II. und seines Nachfolgers Friedrich Wilhelm II. Friderizianische Musik wird das Konzert zum zehnjährigen Jubiläum der Cammermusik morgen im Bürgerhaus Am Schlaatz und am Sonntag im Friedenssaal bestimmen. Bekannte Namen wie die Brüder Graun, Quantz oder Carl Philipp Emanuel Bach sind nicht vertreten, sondern solche, die heute bei Musikern und Rezipienten eher in der zweiten Reihe stehen: Johann Christoph Schaffrath, Johann Gottlieb Janitsch sowie Georg Anton Benda. Die Kleine Cammermusik, zu der sich der Oboist Robert Herden, die Schauspieler Alexandra Bronneske und Andreas Hueck gesellen, wollen mit dem Konzert Schaffrath und Janitsch, deren 250. Todestag sich 2013 jährt, ehren sowie den 300. Geburtstag Bendas feiern.
Johann Christoph Schaffrath war zunächst Cembalist in der Hofkapelle Friedrichs. Später trat er als Kammermusiker in den Dienst Prinzessin Anna Amalias, einer Schwester des Königs. Als er am 17. Februar 1763 starb, fand man in den „Berlinischen Nachrichten“ einen Nachruf, in dem es heißt: „Der frühzeitige Verlust dieses in der Musik geschickt und gründlich erfahrenen Mannes, wird von allen Kennern der Musick bedauert werden; und ein jeder so Verdienste und Tugend zu schätzen weiß, wird ihn das Lob eines rechtschaffenen Mannes wiederfahren lassen.“ In der am Freitag und Sonntag zu hörenden Ouvertüre d-Moll und in dem Quartett F-Dur kommt der galante und empfindsame Stil Schaffraths wunderbar zum Ausdruck. Auch in des Violinisten Johann Gottlieb Janitschs Sonata da camera g-Moll. Ein Zeitgenosse Janitschs lobte die Werke des Komponisten mit den Worten: „Er war ein guter Contrapunktist und seine Quartetten sind noch zur Zeit die besten Muster dieser Art.“
Georg Anton Benda, Mitglied einer böhmischen Musikerfamilie und zunächst Violinist in Friedrichs Kapelle, wurde im Laufe seiner Karriere Hofkapellmeister Herzog Friedrich III. von Sachsen-Gotha. Vielfältige musikalische Aufgaben waren dort zu bewerkstelligen. Er richtete sogar etwas völlig Neues für damalige Verhältnisse ein. Im Kontakt mit Sängern und Schauspielern entwickelte Benda das Melodram. Als er sein erstes mit innerem Affekt geschriebenes Bühnenwerk „Ariadne auf Naxos“ 1775 in Gotha uraufführte, war es schlechthin das kulturelle Ereignis im Herzogtum. Das Melodram, das mit zwei Sprechern und einem Streichquartett besetzt ist, erzählt von der auf der Insel Naxos von Theseus zurückgelassenen Ariadne. Ihr Schicksal galt seinerzeit als eine beliebte Vorlage für bildende, schriftstellernde und komponierende Künstler. Der Musikschriftsteller Charles Burney urteilte über den Gothaer Hofkapellmeister: „Seine Kompositions sind, überhaupt genommen, neu, meisterhaft und gelehrt.“
Konzert „A Quattro“ am morgigen Freitag um 18.30 Uhr im Bürgerhaus Am Schlaatz. Der Eintritt ist frei. Am Sonntag, dem 22. September, 17 Uhr, im Friedenssaal, Schopenhauerstraße 23. Der Eintritt kostet 14, ermäßigt 10 Euro
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