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Kerle zum Knuddeln. Die Herren Musiker von Knorkator.

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Knorkator kommen ins Waschhaus: Immer schön im Latexanzug

Nach einer heftigen Rassismusdebatte kommen Knorkator jetzt mit ihrem umstrittenen neuem Album „We want Mohr“ in die Waschhaus-Arena.

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Es heißt, wenn man zu einem Konzert von Knorkator geht, stellt man sich besser nicht in die ersten Reihen. Zu groß ist die Gefahr, von Gemüseschnitzen aus einer Schredder-Kanone oder Kunstkot aus Kartoffelbrei mit Kakaopulver getroffen zu werden. „Jaja, wir haben oft ziemlich böse Dinge gemacht, aber so verrückt ist es nicht mehr, wir entwickeln uns ja weiter“, sagt Alf Ator, Keyboarder und mit Gero Ivers, auch genannt Stumpen, Gründer der „Meisten Band der Welt“, wie sich die fünf Berliner nennen. Am kommenden Samstag kann man Knorkator mit ihrer eigenwilligen Show in der Waschhaus-Arena erleben.

Seit Ende Januar sind sie wieder auf Tour, 33 Konzerte werden es am Ende sein. Mit dabei ihre neue CD „We want Mohr“, die noch vor der finalen Veröffentlichung einen digitalen Shitstorm auslöste. „Die ,Initiative Schwarze Menschen in Deutschland’ warf uns und unserem Medienpartner Radio Eins Rassismus vor“, sagt Alf Ator. Der Grund war ein Bild im Booklet, das außerdem auf Konzertplakaten erschien: die fünf stilisierten nackten Knorkatormänner in einem riesigen Kessel über offenem Feuer – und im Anmarsch ein schwarzer Bube, ein mächtiges Messer in der vorgestreckten Hand. Die Geschichte zum Bild bezieht sich auf den historischen „Struwwelpeter“, in dem unter anderem drei „Böse Buben“ einen schwarzen Menschen ärgern. „Ihr Kinder, hört mir zu/ Und lasst den Mohren hübsch in Ruh'!/ Was kann denn dieser Mohr dafür/ Dass er so weiß nicht ist wie ihr?“ werden sie gewarnt – und am Ende zur Strafe vom Niklas in ein Tintenfass gesteckt. „Das ist die vermutlich älteste antirassistische Geschichte überhaupt“, sagt Alf Ator. „Wir haben jetzt den Mohr emanzipiert, er wird selbst aktiv.“ Dennoch entfernten sie das anstößige Bild aus dem Booklet. Den Rassismusvorwurf fanden sie nur lächerlich.

Im neuen Album der Band, die sich 1994 gründete, finden sich gleich mehrere Vertonungen aus dem Struwwelpeter-Buch: Konrad Daumenlutscher, Robert-guck-in-die-Luft und Friederich, der Wüterich, ganz auf Knorkator-Art mit frechem, kraftvollem, widerspenstigem Rock. Was sie denn mehr wollen, wie es der Titel „We want Mohr“ vermuten lässt, das wissen sie selbst nicht. „Gemäß alter Tradition bedeutet der Albumtitel – nichts“, sagt der Keyboarder amüsiert.

Das gilt allerdings nicht für die Songtexte dieser durchgeknallten Band. Im Gegenteil: „Wir sprechen das an, was andere denken, woran zu denken sie sich nicht einmal trauen“, sagt er. Im pubertären Knorkatorvokabular findet sich alles, das für heutige Teenager peinlich ist, neben klangschönem Schwachsinn deutsche Begriffe für Geschlechtsteile beispielsweise, die von Stumpen gern auch beim Smalltalk zwischen den Liedern benutzt werden, wenn er seinen Schritt im engen Latex-Badeanzug – obligatorisches Bühnenoutfit – zurechtruckelt. Stumpen darf das, er ist das liebenswerte Enfant Terrible, das auch sich selbst nicht schont. Er läuft eben auch mal barfuß über Scherben, die nach der Zerstörorgie die Bühne bedecken. Fernseher und Heimorgeln wurden am Ende von manchem Auftritt kurz und klein gekloppt, einfach so. „Wir haben lange und hart an unserem Image der schlimmen Jungs gearbeitet“, sagt Alf Ator.

Aber womöglich werden sie jetzt ruhiger, sagt er, statt Choreografie mit Dreck und Gemüse bietet nur noch Stumpen sportliche Übungen in Form von Handstand und Purzelbaum an. Außerdem gebe es Nachschubschwierigkeiten für kaputte Keyboards, sagt Alf, der selbsternannte Tastengott, der im goldenen Umhang bedeutungsschwanger die überdimensionalen Keyboard-Aufbauten bedient. Gitarrist Buzz Dee ist der Frauenbeauftragte der Band: „Der steht nur rum, lächelt, streichelt seine Gitarre – und wird von den Frauen angehimmelt“, sagt Kollege Alf Ator erklärend.

Erfolgreich sind sie vor allem, weil sie eben nicht einfach auf Rammstein mit Ärzte-Texten machen. Sänger Gero Ivers als auch Alf Ator absolvierten klassische Musik- und Gesangsausbildungen, das Stimmpotenzial des Sängers, der vor allem extrem hoch singen kann, ist enorm. Immer wieder erfinden sie sich neu und bieten neben polternden Gesängen ihre ganz eigene Art von Kunstlied an: Die Lieder „Zoo“ und „Fortschritt“ auf dem neuen Album bestehen zum größten Teil aus der Aneinanderreihung von Tiernamen – und kleinen und großen Erfindungen der Menschheit. Das ist Spaß mit einer versteckten Portion Grübelpotenzial. Steffi Pyanoe

Am Samstag, dem 15. Februar, ab 21 Uhr in der Waschhaus-Arena in der Schiffbauergasse. Das Konzert ist ausverkauft

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