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Kultur: In Bestform: Dieter Hildebrandt im HOT

Er hat nichts von seiner Schärfe und Bissigkeit, nichts von seiner Präsenz verloren, der Grandseigneur des deutschen Kabaretts. „Ich kann doch auch nichts dafür“ heißt Dieter Hildebrandts aktuelles und erstes reines Soloprogramm, für das er am Samstagabend im ausverkauften Hans Otto Theater, nach rund zwei Stunden, rauschenden Beifall erhielt.

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Er hat nichts von seiner Schärfe und Bissigkeit, nichts von seiner Präsenz verloren, der Grandseigneur des deutschen Kabaretts. „Ich kann doch auch nichts dafür“ heißt Dieter Hildebrandts aktuelles und erstes reines Soloprogramm, für das er am Samstagabend im ausverkauften Hans Otto Theater, nach rund zwei Stunden, rauschenden Beifall erhielt. Zwar hatte er den unleugbar zu verschulden. Doch könne er eben auch nichts dafür, dass sich die Leute statt von Florian Silbereisen oder Achim Mentzel, dem „singenden Kullerpfirsich aus Sachsen“, noch immer vom „Modergeruch der Leiche des Kabaretts“ angezogen fühlten und wieder so zahlreich zu ihrer Beerdigungsfeier erschienen seien, so Hildebrandts Selbsteinschätzung.

Auch das eigene Alter bereitet dem bald 85-Jährigen an diesem Abend so manche Spottlust. Dazu setzt sich Hildebrandt mit einem beachtlichen Stoß loser Blätter an einen Lesetisch, zelebriert seinen Status als „Dienstältester“ seiner Zunft und fragte sich, wo er wohl dereinst noch landen wird, in einer Gruppensitzung für „Betreutes Denken“ oder gar beim „Lach-Yoga“, um grundloses und sinnfreies Lachen zu lernen?

Nicht mit Dieter Hildebrandt, der sich so herrlich über Wortschöpfungen wie „Frischgeld“ amüsieren und sich vor einem buchstäblichen „Meinungsaustausch“ grausen kann, der „gestrickte Rettungsschirme“ bewundert und schon einen „geklöppelten Heiligenschein“ für den neuen Bundespräsidenten befürchtet. Also geht es rasch und oft zur Sache. Denn nach wie vor hat es der Altmeister besonders mit den notorisch verlogenen Gestalten der Politik. Unter vielem Gelächter rätselt er fies über das seltsame Format des „kleinen Rösler“, die Fettnäpfchensucht von Rainer Brüderle, die schönsten Versprecher Edmund Stoibers oder die gepriesenen „Jobwunder“ von Ursula von der Leyen. In bewährter Manier schießt Hildebrandt aus seinem Geplauder heraus regelmäßig seine spitzzüngigen Salven ab. So auch auf den Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich und dessen entsetzliche Phrasen, mit welchen der den dringenden Fragen zum Rechtsextremismus begegnet. Und immer wieder besonders gern zerlegt Hildebrandt die inhaltslosen Sätze von Angela Merkel. Viermal habe sie innerhalb einer ihrer mürben Reden gefordert, „nach vorne zu blicken“ und er habe dies ausgiebig befolgt.

Es sei ihm aber keiner entgegengekommen, so Hildebrandt. Kein Fortschritt und erst recht kein Verantwortlicher, der was dafür könne. Daniel Flügel

Daniel Flügel

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