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Von Klaus Büstrin: In Dur und Moll

„Klanglandschaften“ von Monika Schulz-Fieguth und Christian Heinze in der Ticket-Galerie

Stand:

Klanglandschaften nennt sich die aktuelle Ausstellung in der Ticket-Galerie des Nikolaisaals. Von der Vielfalt der Farben in der Musik wird ja immer wieder gern gesprochen, doch auch die Maler blicken gern auf die Musik. Sie hatte für sie, besonders in der Romantik, etwas Religiöses. In ihrer reinen Harmonie war sie die höchste Kunst, die auf Gemüt und Seele eine unmittelbare Wirkkraft ausübte. Mit Arnold Schönberg begann sich dann aber eine Musiksprache zu etablieren, die keine gegenständlichen Fesseln mehr kannte. Sie wurde wohl auch zum Leitbild für bildende Künstler: die Befreiung der Farben und Formen.

Doch glücklicherweise ist nach wie vor Vielstimmigkeit künstlerischer Handschriften in der Musik und in der Malerei angesagt. Der Nikolaisaal sowie die Galerien der Landeshauptstadt mit ihren umfassenden Programmen sind dafür Garanten. In der Ausstellung mit Bildern von Monika Schulz-Fieguth und Christian Heinze in der Ticket-Galerie, die von der Kunstwissenschaftlerin Meike Aissen-Crewett kuratiert wurde, gibt es keine Arbeiten, wenn man von Heinzes „Cellospielerin“ oder „Sonate für Cello und König“ einmal absieht, die sich mit musikalischen Themen befassen. Für beide ist das unverwechselbare Fluidum, das Potsdam so auszeichnet, das durch den einzigartigen Zusammenklang von Natur, Architektur und Kunst entsteht, von Bedeutung. Diesen Klang möchten sie mit ihrer Kunst zum Klingen bringen. Jeder natürlich auf ganz unterschiedliche Weise. Und sie, die Fotografin und der Maler, reflektieren die Schönheiten und den Wandel der Stadt, geben dem Flüchtigen Dauer und verleihen ihr eine künstlerische Form. Mit den Tongeschlechtern Dur und Moll kann man die ausgestellten Bilder vergleichen.

Das Lichte, das Heitere, das fast Südländische in Potsdam werden von dem gebürtigen Dresdner Christian Heinze, der über 40 Jahre in dieser Stadt lebt, immer wieder aufgespürt und mit frischer, zuweilen kühner Farbigkeit vital zum Ausdruck gebracht. Es sind aquarellierte und radierte Bilder in Dur. Die „Schlössernacht“, der „Wintertag“ oder die „Glienicker Brücke“ werden – durch sein Temperament gesehen – zu starkem Leben erweckt, kann man den melodischen Zauber der Stadtlandschaft nachempfinden, immer zwischen den Polen dekorativer und expressionistischer Malerei stehend.

Christian Heinze hat sich wie Monika Schulz-Fieguth auch immer wieder in die aktuelle Wiederaufbau-Diskussionen zum Stadtschloss und Garnisonkirche beteiligt, die häufig zu heftig politischen Auseinandersetzungen ausarteten. Heinzes künstlerisches Einmischen ist in der Ausstellung in den Radierungen zur Garnisonkirche zu sehen.

Monika Schulz-Fieguths fotografisches Aufspüren von zumeist fragmentarischen Stadtschlossskulpturen sind in der Ausstellung aus dramaturgischen Gründen nicht zu sehen. Ihr Thema ist in der Ticket-Galerie ausschließlich der Heilige See, ein Ort, dem sich die gebürtige Potsdamerin immer wieder zuwendet. Vor gut zwei Jahren hat sie einen prachtvollen Bildband zu diesem Thema selbst herausgebracht.

Die Künstlerin bevorzugt eher die leisen, verhaltenen Töne, in Moll. Es sind keine Abbilder des Sees und seiner von Gärtnern gestalteten Umgebung. Nirgendwo ist der Mensch als ihr Verursacher direkt anwesend – und doch ist er omnipräsent: Denn die Landschaft trägt seine Handschrift. Man muss sich zumeist die Mühe machen durch einen Nebelschleier zu schauen, um die See-Wirklichkeit zu erleben. Monika Schulz-Fieguth hat die Landschaft entrückt und zur Ruhe gebracht. Wie Stillleben.

Dank ihres Blicks für Lichtverhältnisse und Raumkomposition schafft die Künstlerin am Computer eine Bildwelt, die man als malerisch bezeichnen kann. Eine geheimnisvolle Atmosphäre umgibt sie. Und so zeigt die Ausstellung die klangvolle Vielstimmigkeit Potsdams in beeindruckender Weise.

Noch bis zum 28. Februar in der Ticket-Galerie des Nikolaisaals, Wilhelm-Staab-Straße 10/11, montags bis freitags 10-17 Uhr und samstags 10-14 Uhr

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