Kultur: In Fluren und Winkeln
Die Fotografin Friederike von Rauch zeigt im KunstHaus verborgene Orte in Museen und Kirchen
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Durch offene Türen fällt Licht auf einen alten Parkettboden. Die Strahlen bilden ein großes Kreuz. Im Hintergrund des ansonsten in tiefe Dunkelheit getauchten Raumes erkennt man vage die Umrisse und Schatten von Gemälden. Die Fotografie zeigt die sonst von vielen Besuchern frequentierte Dresdner Gemäldegalerie als Ort der Ruhe und inneren Einkehr. Die in Berlin lebende Fotografin Friederike von Rauch liebt es, unbekannte, verborgene Orte und ungewöhnliche Räume aufzusuchen.
Die 1967 in Freiburg geborene Künstlerin mit einer Ausbildung zur Silberschmiedin und einem Industriedesign-Studium an der Universität der Künste in Berlin wurde bereits mit mehreren europäischen Kunstpreisen ausgezeichnet. Ihre Werke wurden in Antwerpen, Brüssel, Island, Paris und Berlin ausgestellt. Dank ihres außergewöhnlichen Spürsinns arbeitete sie auch als Locationscout für namhafte internationale Filmproduktionen, wie Tom Tykwers „The International“ oder „V for Vendetta“ der Wachowski-Brüder. Derzeit werden einige ausgewählte Fotografien unter dem Titel „Carte blanche“ in der Galerie des Kunstvereins KunstHaus Potsdam ausgestellt.
Die Künstlerin zeigt in ihren Aufnahmen Orte, die man so noch nie gesehen hat. Dass es sich bei den Motiven um Innenräume von Museen und Kirchen handelt, ist für den Betrachter kaum zu erkennen. Die Werke haben keine richtigen Titel, sondern sind nur mit Abkürzungen für die Entstehungsorte gekennzeichnet. Der Blick der Fotografin liegt auf den Nischen, den Fluren und Winkeln. Einzelne Details wie Türen, Wände und Durchgänge werden groß in Szene gesetzt. Die Orte wirken verlassen und von den Menschen vergessen. Überall sind Spuren der Zeit zu erkennen. Oft sind die Fotografien außerhalb der Öffnungszeiten oder während Renovierungsarbeiten entstanden. In einigen Museen, wie dem Neuen Palais in Potsdam oder der Accademia in Venedig, hatte Friederike von Rauch Zugang zu den Archiven und Werkstätten und konnte Restaurationsarbeiten aus unmittelbarer Nähe fotografieren.
Die Künstlerin arbeitet mit dem natürlichen und künstlichen Licht, das sie vorfindet. Die Szenen sind von ihr nicht gestellt oder bearbeitet. Durch ihr feines Gespür für Kontraste und ihr Spiel mit Licht und Schatten entstehen beeindruckende Bildkompositionen, klar und minimalistisch. Die Objekte wirken plastisch und man meint sie jeden Augenblick mit den Fingerspitzen berühren zu können.
Durch Nahaufnahmen und ungewöhnliche Winkel werden die Motive verfremdet und geben Spielraum für vielfältige Interpretationen. Die eingeschränkte Farbpalette lässt die Bilder wie Schwarzweißfotografien erscheinen. Beeindruckend ist vor allem von Rauchs Arbeit mit dem Licht. Im Schatten liegende Flächen, die nur zu erahnen sind, milchig-neblige Sonnenstrahlen, die einzelne Objekt und Hintergründe verschwimmen lassen und dann wieder durch klares Licht hervorgehobene Bildausschnitte. Es entstehen sinnliche, geheimnisvolle Orte, die zwischen Traum und Wirklichkeit zu existieren scheinen. Sarah Stoffers
Die Ausstellung „Carte blanche“ ist noch bis zum 28. Juni in der Galerie des Kunstvereins KunstHaus Potsdam, Ulanenweg 9, 14469 Potsdam, zu sehen
Sarah Stoffers
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