
© Manfred Thomas
Kultur: In Landschaften
Kat Menschiks Grafikzyklus „Isländer Sagas“ noch bis Ende Januar in der Potsdamer Galerie Zitrus
Stand:
Schon in dem Buch hatten sie fasziniert. Die elf Grafiken, die „Der Mordbrand von Örnolfsdalur und andere Isländer-Sagas“ von Tilman Spreckelsen illustrieren. Das Buch (Galiani Verlag Berlin, 24,99 Euro) war rechtzeitig zur diesjährigen Buchmesse in Frankfurt erschienen, schließlich war Island mit seiner reichen Literaturtradition Gastland. Neben den hervorragend editierten „Isländersagas“ in vier Bänden aus dem Fischer-Verlag (98 Euro) war es vor allem der schmale Band von Tilman Spreckelsen, in dem er fünf der spannendsten Isländer-Sagas nacherzählt, der aus der Masse der Veröffentlichungen herausragte. Denn die begleitenden elf Grafiken der Illustratorin Kat Menschik wurden schnell zu den prägenden Bildern der Buchmesse.
Es sind klare Motive, die Kat Menschik geschaffen hat, fast schon von symbolhaftem Charakter. Ein mächtig behörnter Widderkopf, ein monströs wirkendes Fischmaul vor tobendem Meer, ein Grabkreuz in karger Landschaft, in der nur der Mohn blüht: Kraftvolle Motive, die an die Technik von Holz- und Linolschnitt erinnern und die sich erst durch die Texte aus „Der Mordbrand von Örnolfsdalur und andere Isländer-Sagas“ vollends erschließen. Aber auch ohne diese Texte geht von ihnen eine Faszination, eine scheinbar nur kurz gebändigte Naturgewalt aus, der man sich schwer entziehen kann. Menschik gelingt eine schnelle und unnachgiebige Gefangennahme des Betrachters, die zu einem Eintauchen in eine so ferne, so fremde, so faszinierende Welt führt. Wer schon in die kleinformatigen Bilder in Spreckelsens Buch versinken konnte, dem sei ein Besuch in der Galerie Zitrus in der Allee nach Sanssouci empfohlen. Doch Vorsicht! So ein Besuch könnte zu einem nicht unerheblichen Suchtverhalten führen.
Angelika Lüscher, die in ihrer kleinen Galerie regelmäßig Druckgrafiken und Zeichnungen auf Papier von Künstlern aus Brandenburg, Berlin und Sachsen Anhalt zeigt, hat den Grafiken von Kat Menschik, die noch bis Ende Januar hier zu sehen sind, entsprechend Raum gegeben. Und erst in dieser Größe und der Qualität entfalten die Motive ihre ganze Kraft. Blättert man danach in „Der Mordbrand von Örnolfsdalur und andere Isländer-Sagas“ und schaut auf die gleichen Bilder, ist es einem fast schon unmöglich zu glauben, dass man von diesen so fasziniert war.
In der Galerie Zitrus hängen die elf Grafiken auf Siebdrucken, die Kat Menschik in Zusammenarbeit mit Steffen Trodler in seiner Stahnsdorfer Werkstatt hergestellt hat. Neben der Größe, durch die die Motive viel stärker zur Geltung kommen, ist es vor allem die Farbgestaltung, die in den Bann zieht.
Auch hier hat sich Kat Menschik an der Technik von Holz- und Linolschnitten orientiert, wo Farben oft nur dezent oder für ein Spiel mit den Kontrasten eingesetzt werden. Es sind erdige und wasserfarbene Töne, die die Motive von Kat Menschik grundieren. Farbtöne, die wirken, als wären sie wie die isländischen Naturlandschaften auf den Bilder schon seit langer Zeit Wind und Wetter ausgesetzt und haben so zwar ihren ursprünglichen Glanz verloren, besitzen dadurch aber eine ganz besondere Ausstrahlung. Dann taucht immer wieder die Farbe Rot auf. In den Haaren der drei Thorir-Töchter und als Himmelsfärbung vor verwesendem Tierschädel, in einem Stoffstreifen an einem Pfahl und in den Augen des monströsen Fischkopfes vor tobendem Meer. Und gerade durch diese Farben, hier auf den Siebdrucken viel kräftiger als im Buch, beginnt eine Reise in das Island von Kat Menschik, die mit der Zeit eine immer größere Sehnsucht weckt.
Galerie Zitrus, Allee nach Sanssouci 2, mittwochs bis sonntags, 12-18 Uhr
Dirk Becker
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: