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Das Staatsorchester Frankfurt (Oder) bestritt das 4. Sinfoniekonzert im Nikolaisaal: Inbegriff französischer Eleganz

In das Zimmer seiner dreijährigen Tochter Emma-Claude, genannt Chouchou, lässt uns Claude Debussy blicken. Es scheint, dass in ihm für manche Abwechslung gesorgt wurde.

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In das Zimmer seiner dreijährigen Tochter Emma-Claude, genannt Chouchou, lässt uns Claude Debussy blicken. Es scheint, dass in ihm für manche Abwechslung gesorgt wurde. In „Children’s Corner“ wird dies hörbar gemacht. Der Komponist hat die Suite 1915 für Klavier geschrieben, später entstanden mehrere Bearbeitungen. So auch die Orchesterfassung von André Caplet. Das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt (Oder) hat im ausverkauften 4. Sinfoniekonzert des Nikolaisaals unter der Leitung seines Chefdirigenten Howard Griffiths die sechs Suitesätze gespielt. Sie gaben den Auftakt zu einem abwechslungsreichen Programm, bei dem man zwei Stunden lang ununterbrochen sich mit wachsender Neugierde den Werken öffnete, die vor allem aber Freude bereiteten.

Debussys „Children’ Corners“ stellt nicht nur Spielsachen Chouchous vor, sondern es will in erster Linie von Gemütszuständen des Kindes erzählen. Darin erinnert es an Robert Schumanns „Kinderszenen“ für Klavier. Von der Halbschlafphase (Jumbo’s Lullaby) bis zur ausgelassenen Fröhlichkeit in Golliwog’s Cake-Walk nimmt Debussy auch musikgeschichtliche Traditionen ironisch aufs Korn und verarbeitet neue, für die damalige Zeit ungewohnte Jazz-Klänge. Die orchestrale Farbenwelt des Komponisten hat Bearbeiter Caplet wunderbar in dieser Suite aufgenommen, sodass die expressiven und lyrischen Momente gleichermaßen zu ihrem Recht kommen. Howard Griffiths ließ die Suite zwar etwas behäbig beginnen, kam mit dem Staatsorchester erst langsam in Fahrt, doch das „Show“-Finale wurde schwungvoll musiziert.

Mit einem Filetstück der Klavier-Literatur sorgte die 26-jährige Armenierin Nareh Arghamanian für eine pianistische Überraschung. Maurice Ravels Klavierkonzert in G-Dur (1931) ist in den Randsätzen heiter und temperamentvoll. Das Adagio assai, im Herzen des Konzerts zu finden, ist ein Inbegriff französischer Eleganz. Die Pianistin spielte das Werk mit technischer Souveränität, sodass dem virtuosen Schlagabtausch mit dem glänzend musizierenden Orchester nichts im Wege stand. Locker ließ Nareh Arghamanian ein furioses Feuerwerk entfachen und schoss dabei ein ganzes Bündel Pointen ab. Den langsamen zweiten Satz musizierte sie flüssig, mit pulsierendem Ebenmaß, wobei sich eine wunderbar ruhig gleitende Bewegung einstellte. Die Pianistin wurde vom Publikum bejubelt, sodass man sie erst nach zwei Zugaben von der Bühne entließ.

Nach der Pause widmeten sich Howard Griffiths und sein Orchester der alttestamentarischen Königin von Saba, die eine Reise an den israelischen Hof König Salomons unternahm. Zunächst war der Einzug der Königin aus Georg Fredrich Händels Oratorium „Salomon in kammermusikalischer Besetzung“ intonationsrein zu hören. Doch dann beanspruchte ein großer Orchesterapparat die Bühne. Des italienischen Komponisten Ottorino Respighi Ballettmusik „Belkis, Königin von Saba“ von 1934 setzt nicht nur auf die Riesenbesetzung, sondern auch auf die Fülle der Klangfarben. Das Exotische, der duftige und bunte Orient, übte seine musikalische Faszinationskraft von der Renaissance bis ins 20. Jahrhundert hinein aus. Auch auf Respighi. Howard Griffiths gestaltete und gliederte die großen Massen des Prachtstücks virtuos und mitreißend. Der Farbenreichtum, die bewegte und biegsame Rhythmik, nicht zuletzt die Leistung des Orchesters und einzelner Instrumentalisten (besonders die Holzbläser spielten auf ausgesprochen hohem Niveau, auch die Perkussionisten), verhalfen der Königin von Saba zu großer Lebendigkeit und Leidenschaftlichkeit.

Mögen auch die Ohren nach dem exzessiven Genuss der Musik Respighis gehörig geklingelt haben, so kann sie dennoch nach dieser Art musikalischer Ekstase süchtig machen. Trancehaft und laut wird Respighis Musik immer wieder, doch alles dynamische Potenzieren ist bei ihm so transparent orchestriert, wie nur wenige andere es konnten. Und dies war in der Interpretation bestens zu hören. Der begeisterte Beifall für Griffiths und Staatsorchester wollte kaum enden. Klaus Büstrin

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