Kultur: „Intelligent und bekloppt zugleich“
Die Potsdamer Regisseurin Franziska Meletzky drehte zwei Teile der Comedyserie „Dr. Psycho“
Stand:
Sie darf abenteuern, mit tollen Schauspielern arbeiten, Geschichten erzählen, die andere zum Lachen und Weinen bringen. Sie hat einfach den schönsten Beruf der Welt. Dennoch setzen Franziska Meletzky auch Schuldgefühle zu. Wenn sie Hunderte Kilometer von zu Hause entfernt am Set steht, während einer ihrer beiden kleinen Söhne fiebrig im Bett liegt und sie ihm keine Wadenwickel auflegen kann. Doch sie weiß die Kinder auch bei ihrem Mann in besten Händen und vor allem, dass man nur eine gute Mutter sein kann, wenn man selbst glücklich ist.
Und dass sie dies ist, sieht man an ihrem Strahlen, wenn sie über ihre neuen Arbeiten spricht. Trotz der großen Erfolge von „Nachbarinnen“ mit Dagmar Manzel in der Hauptrolle sowie „Frei nach Plan“ mit dem brillant geführten Frauenquartett Dagmar Manzel, Christine Schorn, Corinna Harfourch und Kirsten Block, lässt sich Franziska Meletzky keineswegs den Stempel Frauenfilmerin aufdrücken. „Dafür inszeniere ich viel zu gern auch Männer“, erzählt sie bei einem Cappuccino im Café am Nauener Tor.
Wie – das zeigt sie demnächst im Fernsehen: als Regisseurin einer Krimi- und einer Comedyserie. Ein Genrewechsel, der irritieren könnte. Nicht so die nach ihrem HFF-Studium in Babelsberg „hängengebliebene“ gebürtige Leipzigerin. Schließlich dreht Franziska Meletzky nicht für irgendwelche Serien, sondern für „Bloch“ und „Dr. Psycho“, in denen sie sich mit ihrer Vorliebe für tragikomische Situationen sehr heimisch fühlt. Dafür schob sie alle Drehbücher beiseite, die sie weiter auf die Frauenschiene setzen wollten. Statt dessen tauchte sie bei „Dr. Psycho“ ins kriminelle Dopinggeschäft ein sowie in die Machenschaften einer Heimleitung, die alten Leuten Placebos vorsetzen und die richtigen Pillen per Internet verticken. Denn die Regisseurin hatte das Vergnügen, gleich zwei Teile der Grimmepreis gekürten Serie drehen zu dürfen.
Bei dem gerade fertiggeschnittenen „Bloch“ gehe es indes um Magersucht: „mit einem Schwergewicht wie Dieter Pfaff als Psychotherapeuten schon absurd. Während Bloch das kranke Mädchen aus ihrem Teufelskreis befreien kann, schafft er es mit der eigenen Sucht nicht. Aber es bewegt sich etwas in ihm. Es war spannend, in diese Abgründe zu gucken.“
Das Tolle an ihrem Beruf sei, dass sie immer wieder mit neuen Themen konfrontiert werde. „Jetzt bin ich die Fachfrau für Psychologen“, sagt sie scherzend und schaut in gewinnender Art schelmisch unter ihrem Strohhut hervor. Auch bei dem hochdramatischen Bloch sei es ihr wichtig gewesen, eine Balance der Stimmungen zu finden: „Wenn von einem ganz schlimmen Schmerz erzählt wird, braucht es das Lachen daneben.“
Während „ihr“ Bloch erst im kommenden Frühjahr ausgestrahlt wird, kann man sich auf Franziska Meletzkys „Dr. Psycho“ bereits am 24. Juni freuen: zum Auftakt der neuen Staffel. „Eine Edelserie, zu der nur einmal im Jahr acht Folgen gedreht werden.“ Produzent und Autor ist Ralf Husman, der auch zu „Stromberg“ die Feder führt. „Da gute Komödien selten im deutschen Fernsehen sind, musste ich nicht lange überlegen, Husmans Angebot anzunehmen.“
Allerdings sei das Drehen ein Hochleistungssport gewesen: In 18 Tagen 90 Minuten. Mit guten Partnern wie dem Potsdamer Schauspieler Christian Ulmen als Dr. Psycho und seinen Soko-Partnern, alias Anneke Kim Sarnau, Hinnerk Schönemann, Roeland Wiesnekker, Ulrich Gebauer und Annika Kuhl, sei das aber machbar. Als Psychologe halte Ulmen eine ganze Polizeitruppe auf Trab und zeige ihr, wie das organisierte Verbrechen richtig bekämpft werde. „Er ist zwischenmenschlich der totale Versager, aber er hat Herz. Eigentlich tut er einem leid, und deshalb liebt man ihn auch.“ Allein die Grundsituation sei absurd: wenn ein angehauchter Öko-Typ wie er knallhart zu ermitteln versucht. „Ich fühle mich in diesem Humor total zu Hause, er ist intelligent und bekloppt zugleich.“ Toll an den Büchern seien die kurzen und knappen Dialoge, „man braucht kaum etwas zu ändern. Dieser Husman ist echt begnadet.“
Die Dreharbeiten zu den zwei Folgen erforderten von Franziska Meletzky eine akribische Vorarbeit, da die Szenen durcheinander aufgenommen worden sind. „Jetzt Szene 24 des einen Teils, dann Szene 68 des anderen. Das ist so üblich bei Mehrteilern, setzt aber voraus, dass man den Ablauf wie ein Puzzle im Kopf hat.“ Aber nicht die Schauspieler mussten umdenken, das erledigte die Regisseurin für sie. „Wenn ich um acht Uhr morgens Drehbeginn hatte, stand ich um vier Uhr auf und überlegte, wie ich es für meine Schauspieler am Übersichtlichsten machen konnte. Aber mit so tollen Partnern geht eine Menge. Sie sind einfach frecher, schmutziger, witziger.“
Dennoch sei jede neue Arbeit für die junge Regisseurin eine Feuerprobe. „Anfangs probiert die Crew aus, ob sie mir auf der Nase herumtanzen kann. Wenn erst einmal Vertrauen da ist, ist es aber toll“, so die 35-Jährige. Und ihren bisherigen Filmen ist anzumerken, dass sich Schauspieler und Regisseurin am Ende bedingungslos aufeinander einließen.
Eine gute Lehrerin sei ihr dabei Dagmar Manzel gewesen, mit der sie ihren ersten langen Film gedreht hat. „Sie ermutigte mich, bei mir selbst zu bleiben und meine Filme immer wieder durch die Nähe von Tragik und Komik zu brechen. Ich bin gerade an einem Stoff dran, der ihr auf den Leib geschrieben ist. Das wird richtig super, aber noch ist alles top secret. Eines kann ich indes sicher sagen: Wir werden bestimmt zusammen Filme drehen, bis einer von uns stirbt.“ Das jedoch sollte noch lange kein Thema sein.
Jetzt freut sich die Regisseurin beim letzten Schluck Cappuccino erst einmal riesig, dass gerade ihr ganz persönlicher Holländer vorbei geradelt kommt. Er setzt sich kurz zum Gespräch dazu und lauscht gern den Plänen seiner Frau – auch wenn es wieder mal bedeuten könnte, dass für ihn, Jone und Charlie Männerwirtschaft angesagt ist. „Wenn man aber einmal verstanden hat, wie Familie geht, wird es selbstverständlich.“ Klar, dass bei diesen Worten Franziska Meletzkys Herz noch weiter aufgeht. „Ich hole mir vor allem aus der Familie, was wirklich wichtig im Leben ist.“ Im Salzwasser baden, mit den Jungs Kleckerburgen bauen, dem Rauschen der Muscheln zu lauschen. Gestärkt durch solche Erlebnisse könne sie erst schöne Geschichten erzählen. Mit Lachen und Weinen.
„Dr. Psycho“, 24. Juni, Pro Sieben, 22.15 Uhr
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: