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Kultur: Interferenzen

Die Eröffnungskonzerte der 12. „intersonanzen“

Stand:

Unter den Augen von Thorvaldsens segnendem Christus begann am Donnerstagabend am Atrium der Friedenskirche das 12. Brandenburgische Fest der neuen Musik, „intersonanzen“ genannt. Ziel der Veranstaltung ist es, den Komponisten und Interpreten der Neuen Musik ein angemessenes Forum zu schaffen und zugleich ein Publikum für zeitgenössische Musik zu interessieren. Das ist im restaurativ orientierten Potsdam besonders schwer, da müssen die „intersonanzen“ des Brandenburgischen Vereins Neue Musik, die noch bis einschließlich dem morgigen Sonntag in Potsdam zu erleben sind, ja fast schon wie eine revolutionäre Tat wirken. Schade, dass am Eröffnungstag so wenig junge Leute da waren, manches hätte ihnen ganz sicher gefallen.

Konzertpunkt Eins war ein Auftragswerk der Musikakademie Rheinsberg zum 300. von Friedrich II., in Zusammenarbeit mit dem Berliner Verein „Atonale“ entstanden. Neun Komponisten, darunter Helmut Zapf, Susanne Stelzenbach, Rainer Rubbert, Stephan Lienenkämper und Mayako Kubo, hatten sich auf ihre Art mit den flagranten Flötenkünsten des Hohenzollernkönigs beschäftigt. Ihre Etüden wurden von mehr als 30 Musikschülern aus Brandenburg und Berlin im Geviert des Atrium wiedergegeben. In sechs Gruppen aufgeteilt kommunizierte dieses Flöten- und Klang-Spalier erst nach-, dann auch miteinander. Dies geschah zwar mit sichtbarem Spaß an der Freude, doch leider ging das gedachte Finale dieser üppigen Klangwelle nicht auf: statt Intersonanzen nur Interferenzen auf höchstem Niveau.

Johnny Chang wollte mit seinen „Solitary Lancheons“ filigranste Spieltechniken und Töne auf seiner Violine vorstellen. Zu diesem Behuf wandelte er durch alle Kolonnaden, das Publikum immer hinterdrein. Auf einmal war er weg, dann urplötzlich an anderer Stelle wieder zu hören. Ihn scherte nicht, wer ihm folgte. Seltsamer Versuch, das Publikum ins Laufen zu bringen. Weniger Noten waren in noch keinem Konzert zu vernehmen.

Der dritte Programmblock des ersten Tages unter dem Titel „Sporan und Orgel“ wurde von der österreichischen Sängerin Anna Hauf (beste Beherrschung höchster Stimmlagen bis zum erdenen Alt) und der Deutschen Josefine Horn im Inneren der Friedenskirche bestritten. Jede der vorgestellten Kompositionen verdiente, näher besprochen zu werden. Etwa John Cages „Solo for Voice“ oder Volker Freidels syllabisch angelegte, wohl zu sehr nach kompositionstechnischen Parametern konstruierte „Ode Mysterion“. Bei Cathy Berberians „Stripsody“ hatte man es mit einem avantgardistischen Oldie von 1966 zu tun, der US-Pop-Art wie etwa Sprechblasen oder Comic-Wortfetzen im DaDa-Ton fixiert. Respekt, wie Anna Hauf dies allein mit ihrer Stimme bewältigte. Wolfgang Thiel berichtete „Von allerhand Klagen und Glückwünschungen“, Lothar Voigtländer stellte mit „Le Temps“ ein sehr kompaktes Oratorium vor: „Nichts besitzt man, niemals, außer ein wenig Zeit“. Viel Applaus. Zum Abschluss des ersten Festivaltages brachte das Orgel-Flöten-Duo Chris Abrahams und Sabine Vogel noch die Komposition „Kopfüberwelle“ als deutsche Erstaufführung zu Gehör. Die Weltpremiere war erst kürzlich in Tasmanien zu erleben. Gerold Paul

Curious Chamber Players unter dem Motto „Nah und fern“ am heutigen Samstag, 19 Uhr, im Friedenssaal in der Schopenhauerstraße 23. Weitere Informationen zum Programm unter www.intersonanzen.de

Gerold Paul

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