zum Hauptinhalt

Kultur: Intrigante Poesie

New Tango Orquesta aus Schweden in der fabrik

Stand:

New Tango Orquesta aus Schweden in der fabrik Wenn man plötzlich und unvermittelt von Poesie erobert wird, und wenn diese Poesie den intrigantesten Weg über die Musik nimmt, gibt es kein Entrinnen. Schuld war nur der Tango. Landläufig bekannt als Kaffeehausgedudel, wenn das Licht abends schummrig wird, verschrien als pfauenhaftes, stolzierendes Paarverhalten während der lange zurückliegenden Tanzschule. Das New Tango Orquesta (NTO) straft diese Vorbehalte Lügen, und das am Donnerstag in der fabrik an der Schiffbauergasse zum dritten Mal in Potsdam. Die ergreifende, alle Dämme brechende Poesie der fünf Musiker entsteht in Schweden, einem Land, das für guten Pop bekannt ist und vielleicht für seine Trinkfestigkeit. Dass aber das NTO, wie Per Störby erzählt, der das Bandoneon spielt und der Komponist der Band ist, sich in der Welt des Tangos nahezu alleine um die Fortentwicklung seiner konzertanten Form bemüht, erstaunt. Störby, der mit seiner Punkfrisur auf der Bühne aussieht wie der Nigel Kennedy des Tangos, bekommt für seine unter die Haut gehenden Kompositionen die Anerkennung seines Landes in Form eines Stipendiums. Bei einem Gastauftritt in Buenos Aires spielte das jugendhafte NTO vor den Musikern des 1992 verstorbenen Vorbildes Astor Piazzolla, jenes Tango-Übervaters, der die Anfang des 20. Jahrhunderts im Schmelztiegel der argentinischen Hauptstadt entstandene Musik nach dem Krieg erneuert und in die Konzertsäle gebracht hatte. Die Vorbilder waren begeistert und gerührt, ähnlich vielleicht wie das Publikum in der ausverkauften fabrik, das noch eine dritte Zugabe ersehnt hätte. Die Poesie dieses Tango entsteht aus Hingebung. Rückhaltlose Hingebung der Musiker gegenüber dem Versicherungspotenzial des Tangos und einer unverkennbaren Sympathie für den anderen Musiker. Es ist ein Ereignis, das präzise Zusammenspiel der Fünf zu verfolgen. Die Stücke bauen sich langsam, aber stetig zu einer furiosen Intensität auf, im Zentrum oft Geige und Bandoneon, umrahmt vom Piano und der E-Gitarre. Auf der Bühne lächelt Livet Nord über ihre beinahe singende Geige, in Vorfreude auf den unglaublich zart in ihr lyrisches Spiel eintauchenden Einsatz von Pers Bandoneon. Diese Musik rafft den Zuhörer dahin, und wenn sie sein Herz erobert hat, sinnlich, dramatisch, tragisch, klagend, dann entsteht plötzlich ein Film dazu, ein Melodram vielleicht, etwas Tiefes auf jeden Fall. Diese intrigante, Bilder erschaffende Kraft, dieses Einnehmende an den Klangwerken vom New Tango Orquesta, so erzählt Tänzer Sven Till von der fabrik, ließ den Wunsch nach einer für Anfang nächsten Jahres geplante Zusammenarbeit mit der Potsdamer Tanzkompanie entstehen. Sven Tills wichtigster Grund, den Kontakt zum NTO auf jeden Fall zu halten, war für alle Zuhörer klar: die fünf Schweden machen nicht nur unfassbare Musik, sie sind zudem auch noch unfassbar sympathisch. Mehr info und aktuelle CD „Part II" über www.orquesta.nu.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })