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Nicht nur Kunst! Sondern eine „kinetische Skulptur“!! Wenn Regen drin ist!!!

© Klaer

Kultur: Irritierend

Gartenkunstwerke in der Villa Schöningen

Stand:

Gas und Wasser gibt es auf allen Etagen, jedenfalls wenn die Neonschrift der Künstlerin Bethan Huws zutrifft. Angebracht an der Brandmauer eines Gebäudes, das an den Garten der Villa Schöningen in Potsdam grenzt, verkünden die kräftig blau leuchtenden Buchstaben eine hier absurde Information. Den Spruch hat Huws dem Künstler Marcel Duchamp entlehnt, der ihn seinerseits an Gebäuden in Paris Anfang des vorigen Jahrhunderts gesehen hatte und daraus ein Objekt baute. „Gas und Wasser waren damals keine Selbstverständlichkeit. Feuerwehrleute sollten so über das Haus informiert werden“, erläutert Martin Engler, der zusammen mit Carolin Köchling die Ausstellung „Spiele im Park“ unter Begleitung von Max Hollein kuratiert hat.

Die leichte Irritation und das Spiel mit der Erwartungshaltung des flanierenden Zuschauers ist der Grundtenor der Ausstellung, die am morgigen Sonntag im Garten der Villa Schöningen eröffnet wird. Die einzelnen Werke sind dabei gelegentlich sogar immateriell wie dasjenige von Tino Sehgal. Wechselnde professionelle Sängerinnen begleiten im Auftrag des Konzept-Künstlers den Besucher einige Meter des Wegs. Dabei singen sie ein Lied, das sie jeweils zur Person des Betrachters assoziieren. Am Schluss benennen die Sängerinnen artig den Künstler als Ideengeber der netten Kurzdarbietung.

Am Wegesrand findet sich dann auch die Installation von Lois Weinberger. Diese seien ein Sinnbild des Temporären und würden vom Spielerischen, Flüchtigen leben, erklären die Kuratoren. „Das ist Unkraut. Das haben wir aus den Wiesen vor dem Haus geholt und die Erde kommt von der Baustelle nebenan“, beschreibt der Künstler den Arbeitsprozess. In große, stabile Plastiktaschen füllt er zunächst Erde und bepflanzt diese dann mit allerlei Flora aus der Umgegend. Weil die Taschen häufig von Immigranten in Wien, dem Wohnort des Künstlers, verwendet werden, erhält die Installation einen kritischen Unterton. Während Weinbergers mit Erde gefüllte Taschen dem Boden verhaftet sind, verändern sich die Skulpturen von Olaf Nicolai und Roman Singer im Spiel von Wind und Wetter. Ein leichter Schwindel erfasst den Besucher, wenn er im Innern der spiralförmig gehängten Perlschnüre von Nicolai steht und die Welt durch einen Vorhang sieht. Signer hängt einen Metalleimer an eine drehbare Stange in luftige Höhen. „Wenn der voll regnet und der Wind bläst, wird das eine kinetische Skulptur“ kommentiert Köchling die hübsch ästhetische Gartenskulptur. Die Klangkünstlerin Janet Cardiff und ihr Lebenspartner George Bures Miller lassen den Besucher auf einer Parkbank teilhaben an einem Gespräch über die Umgebung. Entsprechend der ehemals grenznahen Lage der Villa geht es auch um Teilungen und Trennungen.

Eine Bank steht auch im Mittelpunkt der Installation von Tobias Rehberger. Bereits aus dem Jahr 1999 stammt „Caprimoon“. Über einer schneeweißen, sanft geschwungenen Bank geht ein ebenfalls weißer Gasmond im Rhythmus der Mondphasen Capris auf. Mit dem Bezug auf die Insel Capri beschwört Rehberber noch einmal das Sehnsuchtsszenario der Nachkriegsgeneration und schafft dabei ein stilvolles Gartenobjekt. Weniger stilvoll, sondern eher grundsolide, wenn auch völlig zweckfrei, inszeniert Jan Svenungsson seinen Ausstellungsbeitrag. Handwerklich tadellos gemauert ragt ein Schornstein im Blumenbeet einige Meter in die Höhe. „Betreten der Baustelle verboten. Die Arbeiten werden morgen fortgesetzt“, verkündet ein erläuterndes Schild. „Der sollte 19 Meter hoch werden, allerdings sind die Arbeiten dann doch vorzeitig zum Erliegen gekommen“, erklärt Martin Engeler.

Die verschiedenen Installationen bieten einen Schnellkurs im Grünen über die Vielgestaltigkeit, mit der Künstler heute auf Park, Garten und sonstige vorgegebene Szenarios reagieren. Auch wenn sich das Kunstwerk nicht immer sofort in seiner ganzen Hintersinnigkeit entfalten mag, bleibt doch ein anregender Gartenspaziergang. Richard Rabensaat

Bis zum 2. Oktober im Garten der Villa Schöningen, Berliner Straße 86, dienstags bis freitags, 11-21 Uhr, samstags und sonntags, 10-21 Uhr. Der Eintritt ist frei

Richard Rabensaat

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