Kultur: „Jeder Fehler ist eine neue Figur“
Die fabrik lädt am Samstag zum Großen Weihnachtsswingball ein / Ab Januar gibt es sonntags Swing-Tee
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Es wird gekickt und gehoppelt, gedreht und geschnippt: Auch am frühen Vormittag legen Talea und Holger aus dem Stand einen zünftigen Swing aufs Parkett. Sie haben die Musik im Blut und kreieren oft aus Zufall ganz neue Figuren. „Als Einsteiger kommt man aber auch schon mit ganz wenigen Schritten aus“, nehmen die Tanzlehrer allen Debütanten die Angst. Und wenn am Samstag in der fabrik zum Großen Weihnachtsswingball geladen wird, muss sich niemand scheuen, seine ersten Schritte an der Seite der Profis zu wagen – zumal es zuvor einen kurzen Crashkurs gibt.
„Die ganze fabrik ist im Swing-Fieber“, sagt Marketing-Chef Laurent Dubost. Bereits im vergangenen Jahr zu den Tanztagen infizierte Lovely Rita während eines Workshops die Teilnehmer mit diesem Virus, der aus den 30er Jahren stammt und derzeit mit aller Macht erneut um sich greift. „Als in diesem Jahr die Tanztage mit einem Großen Swingball ausklangen, ließen sich wiederum viele begeistern. Deshalb bieten wir nun dieses Weihnachtsspecial mit diversen Showeinlagen, wie der Livemusik von Sängerin IriS Romen & Band und kleinen Choreografien versierter Tänzer an“, so Laurent Dubost.
Natürlich sei der fabrik-Schwerpunkt nach wie vor der zeitgenössische Tanz, „aber es gibt eben ganz unterschiedliche Möglichkeiten, an die Bewegung zu kommen. Beim Swing kann man sich auf unbefangene Art, in den Tanz fallen lassen. Es gibt einfache Schritte mit unerschöpflichen Abwandlungen“, betont er.
Talea und Holger, die gerade mehrere Kurse in der fabrik erfolgreich absolviert haben, bieten ab 20. Januar regelmäßig Veranstaltungen an: Immer sonntags um 18 Uhr wird zum Swing-Tee geladen. Beide sind sie seit drei Jahren diesem Tanz verfallen, und jeder kann sowohl führen als folgen. „Ich habe den Swing im Wohnzimmer von meiner Mutter gelernt, die auf die Tanzschule ging und ihn mir anschließend zeigte. Dann machte ich es zu meinem eigenen Ding“, erzählt die 24-Jährige, die nach einem abgebrochenen Mathematikstudium derzeit Patholinguistik an der Potsdamer Uni studiert. Auf Holger traf sie an der Tanzschule, und beide teilten sofort ihre Begeisterung für die Schritte mit dem „lustigen und spannenden Firlefanz“. Auch Holger studierte einige Semester Mathematik, bevor er begann, mit Swing sowie als DJ und Sänger sein Geld zu verdienen. „Aber der Musik liegt ja auch die Mathematik zugrunde“, so der 30-Jährige.
Zu sagen, man tanze Swing, wäre indes zu ungenau, klären die Lehrer auf. „Swing ist der Musikstil, aber es gibt mehrere Möglichkeiten, ihn zu tanzen.“ Die beiden bevorzugen den Lindy Hop, der einer Legende zufolge nach Charles Lindbergh benannt wurde. Dieser hoppte mit einer kleinen einmotorigen Maschine 1927 als Erster über den Atlantik. Wenn Talea und Holger zu „hoppen“ beginnen, erinnert das auch ein wenig an Charlie Chaplin und die Charleston-Zeit. „Das Beine kicksen, kommt daher“, klären sie auf, so wie sich der Rock“n“Roll im Swing Impulse holte. Heute versuche man die ersten Schritte des Lindy Hop zu rekonstruieren, so wie sie bei den Schwarzen in Amerika als Erstes zu sehen waren. Diese Stilrichtung des Jazz verdanke ihre große Popularität der guten Tanzbarkeit und dem vollen Klang der Bigbands, die den Swing damals spielten. Doch Talea und Holger sind keine Beschwörer des alten Zeitgeistes. Sie drehen sich auch zur Musik von Michael Jackson mit swingendem Schritt. „Ob Jazz, Rock“n“Roll oder Pop: Hauptsache, man kann toll zu toller Musik tanzen.“
Und dieser Begeisterungsfunke ist es wohl, der in Berlin vor gut zehn Jahren zum Revival führte. „Seit zwei, drei Jahren swingt es dort so richtig. Nun schwappt der Boom auch nach Potsdam über.“ Und macht vielleicht den Tangueros“ Konkurrenz. Der Vorteil beim Swing: „Man kann sich ohne Probleme mit den Füßen verhaspeln. Jeder Fehler ist eine neue Figur. Die Musik hat viele Emotionen und Gesichter.“ Eine Gemeinsamkeit hat der Swing aber auch mit dem Tango: „Es gibt kein Pärchengeklüngel. Bis heute habe ich indes Lampenfieber, wenn ich einen Mann auffordere. Dazu gehört schon etwas Mut. Aber man kriegt keine Körbe“, versichert Talea.
15. Dezember, 20 Uhr, Karten für 11/erm. 8 € unter Tel. 0331-240923.
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