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Kultur: „Jeder macht mit jedem rum“

Dörte Reisener inszenierte im Nikolaisaal „Die Fledermaus“

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Dörte Reisener inszenierte im Nikolaisaal „Die Fledermaus“ Der Kurztext für Leute, die nicht mehr über „Die Fledermaus“ lesen wollen, lautet: „Jeder macht mit jedem rum, und alle landen im Knast, aber nicht deshalb“. Liest man nur diesen einen Satz, denkt sich der Fledermaus-Unwissende sein Teil: Vielleicht passiert da etwas Unsittliches? Nach der Uraufführung im April 1874 schrieb der Rezensent Ludwig Speidel: „Wir sehen davon ab, die Handlung zu erzählen; sie spricht nicht einmal auf der Bühne an, und wie sollte sie auf dem Papier interessieren. Es ist nur die Vergoldung des Komponisten, welche dem Libretto Wert und Glanz verleiht“. „Die Fledermaus“ ist die bekannteste Operette geworden. 130 Jahre nach ihrer Wiener Uraufführung wird sie heute und morgen in Potsdam gezeigt, im Nikolaisaal.Die Veranstalter haben eine Inszenierung übernommen, die in Bad Lauchstädt, bei Halle und Merseburg gelegen, im Jahre 1999 von Dörte Reisener mit großem Erfolg in Szene gesetzt wurde. Die Lauchstädter riefen nach einer Operettenaufführung für das historische Goethe-Theater. Aber die Regisseurin, verantwortliche Dramaturgin in Bad Lauchstädt, machte den Vorschlag, im klassizistischen Kursaal „Die Fledermaus“ von Johann Strauß zur Aufführung zu bringen. Dort würde Operette einen viel besseren Rahmen haben: Ein festlicher Raum, ein Podest, auf dem ein weißer Flügel steht, sowie ein roter Teppich – das ist alles, was man für das Bühnenbild benötige. Den Kursaal konnte man dafür schnell herrichten, aber auch all die zahlreichen anderen Säle, in denen die Inszenierung aus Bad Lauchstädt gastierte, in Bad Kissingen, Putbus, Ballenstedt, Aschaffenburg oder in Südfrankreich. Auch die große Bühne des Potsdamer Nikolaisaals schmückt nun ein weißer Flügel, von dem aus Gernot Oertel das musikalische Geschehen leitet: die acht Solisten, den achtköpfigen Chor (coro semiseria, Halle) sowie das Salonorchester, das aus Mitgliedern der Brandenburger Symphoniker besteht. Die Strauß“sche Musik, kündigt Dörte Reisener an, werde komplett erklingen, bei den Dialogen benutzte man hin und wieder den Rotstift. Die Regisseurin – es ist ihre vierte Inszenierung – will der Operette nichts Neues, Modernistisches überstülpen, sie will die Geschichte stringent erzählen: das prickelnd-erotische Thema um den Seitensprung in der bürgerlichen Ehe. Der Choreograph Stefan Lux, der einer der bekanntesten Solotänzer an der Deutschen Staatsoper Berlin und Pädagoge an der Staatlichen Ballettschule in der Bundeshauptstadt war, ist der Meinung, dass diese Operetteninszenierung wohl nichts Verstaubtes an sich habe. Dörte Reisener hat ihn für die Tanzeinstudierungen dieser Wiederaufnahme gewinnen können. Natürlich steht ihm kein Corps de ballet zur Verfügung, aber alle, Gesangssolisten wie Chor, sind beschwingt bei der Sache. Es mache einfach Spaß, mit ihnen zu arbeiten, so Stefan Lux. Das Solistenensemble kommt aus mehreren Herren Länder. Aus Wien, Oslo, Warschau oder Berlin sind die Damen und Herren angereist. Sie werden in die wundervollen Kleider und Fräcke der Potsdamer Kostümbildnerin Juliane Fischer gesteckt und hoffen auf ein Publikum, das sich nicht mit dem obigen „Kurztext“ zur „Fledermaus“ zufrieden gibt.Klaus Büstrin

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