Kultur: Jedes Mal ein Orgelfest
Die Schuke-Orgel von 1963 in der Erlöserkirche wurde nach 44 Jahren erstmals renoviert
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Damals, 1963, träumte noch so manche Potsdamer Kirchengemeinde von einer neuen Orgel. Doch immer wieder musste ein Neubau verschoben werden – zumeist aus finanziellen Gründen. Erst nach der Wende konnte dann so mancher Wunsch verwirklicht werden. Neue „Königinnen“ residieren jetzt: So in der Friedenskirche, in der Oberlinkirche, in der Französischen Kirche, in Caputh. In den nächsten Jahren werden weitere Majestäten in der Heilandskirche Sacrow und in der Pfingstkirche ihren Thron einnehmen. Die Schuke-Orgel in der Erlöserkirche wird man ab kommenden Sonnabend im neuen Glanz erstrahlen sehen, jedoch mit dem alten vorzüglichen Klang. Sie wird nach einem guten halben Jahr der Renovierung, die 27 000 Euro kostete, mit einem Orgelfest wieder in den Dienst gestellt, für die Gestaltung von Gottesdiensten und Konzerten.
Damals, 1963, verwirklichte sich für die Erlöserkirchengemeinde der Traum von einer neuen Orgel. Friedrich Meinel, der im Herbst 1957 als neuer Kantor und Organist von Mühlhausen nach Potsdam zog, machte zuvor zur Bedingung: Ich komme nur, wenn das neugotische Gotteshaus eine neue Orgel erhält. Der Gemeindekirchenrat nahm den Wunsch Meinels ernst. Seien Mitglieder waren selbst davon überzeugt, dass die alte Sauer-Orgel aus der Entstehungszeit der Kirche (1898) ihren Dienst getan hatte. Und so wurde bei der Potsdamer Firma Schuke eine neue Orgel in Auftrag gegeben. Friedrich Meinel erinnert sich in dem Buch „100 Jahre Alexander Schuke Orgelbau in Potsdam“, dass im Sommer 1964 mit der technischen Montage und im Herbst mit der Intonation begonnen wurde. „Ein unvergessenes Fest, als wir am 4. Advent die neue Orgel im Gottesdienst einweihten. Dann begann das Leben mit der Schuke-Orgel, eine wunderbare Zeit. Es war mir bewusst, dass ich eine lange Ergründungsphase vor mir hatte und diese mit immer neuen Klangentdeckungen genießen konnte.“ Es ist ein Instrument in nordischer Orientierung entstanden: Wagner, Stellwagen, barocke Klangideale.
Zu DDR-Zeiten gehörte das Instrument zu den bevorzugten „Vorführorgeln“ der Firma Schuke. So kamen beispielsweise sowjetische Kulturfunktionäre in die Kirche, um zu hören, wie eine Schuke-Orgel klingt. Danach wurde entschieden, ob sie ein Instrument im Potsdamer Betrieb in Auftrag gibt. Auch der Leipziger Gewandhauskapellmeister Kurt Masur fand sich in der Erlöserkirche ein, um sie begutachten. Die Potsdamer sollten für das Gewandhaus eine Orgel bauen. Seit 1981 thront die Königin aus dem Hause Schuke über den Konzertsaal in Leipzig.
Der Kirchenmusiker Friedrich Meinel beschenkt die Gottesdienstbesucher und Konzertgäste nunmehr 44 Jahre lang mit Orgelfesten, auch nach seiner Pensionierung vor mehr als zehn Jahren. Wunderbar, wie der Organist immer wieder die einzelnen Register des Instruments bedient, es sanft perlen und dann aber auch rauschhaft tönen lässt.
Für sein Orgelkonzert am Sonnabend hat Friedrich Meinel Werke von Georg Böhm, Johann Sebastian Bach, Felix Mendelssohn Bartholdy und Olivier Messiaen ausgewählt. Aber noch ist es nicht ganz so weit. Vor allem die Intoneure haben in diesen Tagen das Sagen. Eigentlich ist eine Orgel ein Instrument für Jahrhunderte, und das Prinzip der durch die Pfeifen strömenden Luft war schon in der Antike bekannt. Aber für die Ewigkeit ist nichts. Eine Orgel hat auch mit Umwelteinflüssen zu kämpfen. Im Laufe der Zeit sind die 2746 Pfeifen einer natürlichen Verschmutzung ausgesetzt. Auch die Technik bedurfte einer Überholung. Eine neue Klaviatur war ebenfalls angesagt. Die Schonung und die Bewahrung des neobarocken Klangbildes ist für die Orgelbauer und Intoneure oberstes Gebot. Seit Anfang des Jahres waren die Mitarbeiter vom Schuke-Orgelbau mit der Renovierung beschäftigt. In dieser Zeit musste Meinel die Gottesdienste mit der Truhenorgel vom Altarraum aus begleiten. Nun freut er sich, dass das Instrument der reichen Orgellandschaft Potsdams wieder einen bedeutenden Akzent geben kann. Ab Mittwoch, den 30. Juli, können in der Erlöserkirche wieder die Konzerte des Internationalen Orgelsommers stattfinden. Und über noch etwas können sich die Besucher des Gotteshauses freuen. Das Gewölbe über der Orgel mit seiner floralen Ausmalung wurde rekonstruiert. Dies verleiht der Königin zusätzlich einen besonderen Glanz.
26. Juli, 18 Uhr, Orgelfest in der Erlöserkirche mit Konzert von Friedrich Meinel, einer Orgelführung und einem Beisammensein im Kirchgarten
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