
© Andreas Klaer
Von Dirk Becker: Jubiläum eines Geheimtipps
Mit der Ausstellung „Geschichte einer Idee“ feiert das Museum Alexandrowka Fünfjähriges
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Der Titel verwirrt. „Geschichte einer Idee“ ist die Jubiläumsausstellung im Museum Alexandrowka überschrieben. Ein Rückblick auf die Arbeit von fünf Jahren, der eindeutig zeigt, dass hier nicht mehr nur von einer Idee die Rede sein kann. Warum also diese Bescheidenheit?
Andrej Tchernodarow muss einen Moment überlegen, ehe er auf die Frage antworten kann. Denn auch wenn die Idee längst Wirklichkeit ist, für ihn als Museumsleiter schwingt sie in allem mit, was das restaurierte Holzhaus in der russischen Kolonie betrifft. Und dann sagt er, dass es in dem Titel nicht nur um eine, sondern um zwei Ideen geht.
Tchernodarow, seit November 2008 im Museum Alexandrowka, erwähnt zuerst das Jahr 1826, als König Friedrich Wilhelm III. von Preußen die Russische Kolonie Alexandrowka im Norden von Potsdam als Denkmal der Erinnerung für den 1825 verstorbenen Zar Alexander I anlegen ließ. „Nicht die 1000. Statue des ehernen Reiters, sondern ein Dorf als ein lebendes Denkmal“, so Tchernodarow. Dann nennt er das Jahr 2000, in dem Hermann Kremer das runtergekommene Haus kaufte und denkmalgerecht für das Museum sanieren ließ.
Kremer, Arzt mit Praxis im nordrhein-westfälischen Haltern am See, hatte schon kurz nach der Wende von 1989 seine Liebe für das historische Potsdam entdeckt und in die Sanierung denkmalgeschützter Häuser investiert. Bei einem Spaziergang durch die Alexandrowka wollte er mehr über dieses so fremd wirkende Dorf aus Holzhäusern wissen. Während seiner Recherche über die Alexandrowka entstand die Idee, in einem der Häuser ein Museum einzurichten, das auch den Geist und die Erinnerung an diesen besonderen Ort einfangen soll. Das ist in den vergangenen Jahren gelungen, wie die Ausstellung im Obergeschoss des Museums zeigt.
Eine kleine Ausstellung über große Inhalte umschreibt Tchernodarow das Konzept „Geschichte einer Idee – 5 Jahre Museum Alexandrowka“. Wie am Anfang des Museums steht auch am Anfang der Ausstellung Hermann Kremer. Eine Tafel informiert hier über das Engagement des Arztes und seiner Potsdam Stiftung, die nicht nur das Museum in der Alexandrowka unterstützt. In den beiden Ausstellungsräumen mit ihrem ganz besonderen Charme, der dem Anspruch des Museums, auch ein „begehbares Architekturdenkmal“ zu sein, auf fast romantische Art gerecht wird, sind Bilder und Tafeln über die Geschichte des Hauses und ein paar wenige Schätze aus dem Sammlungsbestand zu sehen. So sind es neben den beiden Ikonen die reich illuminierten Handschriften unter Glas, die sofort das Interesse des Besuchers wecken. Auf einem kleinen Bildschirm ist es dann sogar möglich, in der vom Mönch Serapin aus dem Kloster des Heiligen Laurentius im Jahr 1732 fertig gestellten Handschrift zu blättern. Und hier gelingt etwas, das sich jeder Ausstellungsmacher wünscht. Von dieser kleinen Vitrine in der Ecke geht ein feiner Zauber aus, der Geschichte ganz nahe bringt und einen für Momente das Jetzt und Heute vergessen lässt.
Doch diese Jetzt und Heute hat Museumsleiter Andrej Tcherdanow sehr genau im Blick. Denn trotz seiner fünf Jahre, der fünf Sonderausstellungen im vergangenen Jahr und der damit verbundene Rekord von zum ersten Mal über 10 000 Besucher; das Museum Alexandrowka ist noch immer ein Geheimtipp. Doch das zu ändern soll auch die Ausstellung „Geschichte einer Idee“ helfen. Bis zum 14. März ist sie im Museum Alexandrowka zu sehen, danach im Haus der russischen Wissenschaft und Kultur in Berlin. „Mit zwölf Informationstafeln mehr“, sagt Tchernodarow, weil dort die Räume größer sind. Aber es ist gerade der eigenwillige Charme dieses Museums, dass in den äußerst kleinen Räumen seit Jahren ansprechende und anspruchsvolle Ausstellungen gezeigt werden. Doch im Jubiläumsjahr will Tchernodarow mehr.
Im Rahmen des Themenjahres „Mut und Anmut. Frauen in Brandenburg und Preußen“ ist für den Sommer eine Sonderausstellung über „Fürstliche Mütter und Töchter zwischen St. Petersburg, Weimar und Berlin“ geplant. Neben den üblichen beiden Ausstellungsräumen sollen auch Tchernodarows Arbeitszimmer, der Besprechungsraum und die Kammer unterm Dach genutzt werden. „Das ist dann die erste Ausstellung, die auch durch öffentliche Gelder gefördert wird.“ Denn bisher waren es vor allem Spenden, die Potsdam-Stiftung Kremer und die Unterstützung durch den mittlerweile über 40 Mitglieder zählenden Förderverein, durch die die zahlreichen Ausstellungen und Veranstaltungen überhaupt erst möglich wurden.
„Geschichte einer Idee – 5 Jahre Museum Alexandrowka“ wird am morgigen Samstag, 16 Uhr, in der Russischen Kolonie 2 eröffnet
Dirk Becker
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