Kultur: Kaleidoskop barocker Gesänge Sommermusik mit Gotthold Schwarz
Von der Wiege bis zur Bahre. Die große Bandbreite menschlichen Erlebens ist in den geistlichen Liedern und Arien der Barockzeit zu vernehmen: Liebe, Vergänglichkeit, Frieden, Natur und Glück.
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Von der Wiege bis zur Bahre. Die große Bandbreite menschlichen Erlebens ist in den geistlichen Liedern und Arien der Barockzeit zu vernehmen: Liebe, Vergänglichkeit, Frieden, Natur und Glück. Den Seelenlandschaften der alten Gesänge gaben am Samstagnachmittag während der 3. Sommermusik in der Friedenskirche Sanssouci der Bassbariton Gotthold Schwarz, der Gambist Siegfried Pank – beide kommen aus der Messestadt Leipzig – sowie der Kirchenmusiker Hans Christoph Becker-Foss aus Hameln an der Truhenorgel lebendigen Ausdruck. Ihrem Konzert gaben sie den Titel „Mit der Seel‘ und Mundes Stimm“. Neben Telemann, Bach und dessen Söhnen Wilhelm Friedmann, Carl Philipp Emanuel und Johann Christoph Friedrich standen sogenannte Kleinmeister auf dem Programm: Georg Böhm, Nicolaus Hasse und Georg Christoph Strattner. Es glich einem farbigen Kaleidoskop oder auch einem „Wunderhorn geistlicher Musik“. Die Lieder und Arien, die die drei Künstler boten, wurden zu ihrer Entstehungszeit größtenteils im häuslichen Kreis musiziert. Dafür spricht vor allem die intime Besetzung.
Gotthold Schwarz sang mit hoher emotionaler Beteiligung, aber immer kontrolliert. Er gestaltete mit seinem warmen Bariton bewusst, traf genau den Charakter der Stücke, die sich als Dialoge des Ich mit sich selbst oder als Aufforderung an die eigene Seele, ihren Gott zu loben, verstehen. Er setzte die vom Text und von der Komposition vorgegebenen Affekte diffizil um. Pathos und die große Geste wurden dabei angenehm vermieden. Ein Höhepunkt war Telemanns Arie „Ich seufze, winsle, klage“, in der Schwarz den Schrei eines Menschen aus der Tiefe der Not und sein Warten auf die Barmherzigkeit Gottes mit zu Herzen gehender Intensität interpretierte. Die bekannten Lieder aus Schemellis Gesangbuch von Johann Sebastian Bach hörte man in der Interpretation des Sängers ganz neu. Er wusste ganz unverkrampft und aktiv artikulierend die Textaussagen an die Zuhörer zu bringen. So wurde beispielsweise der Choral „Dir, dir, Jehova, will ich singen“ derart mitreißend gesungen, sodass man während des Zuhörens gern in das Lob mit eingestimmt hätte. In diesen Minuten war man sich nicht ganz sicher, wen man mehr loben sollte, den Adressaten Jehova oder den Sänger Gotthold Schwarz. Mit feiner Empfindsamkeit sang er danach die Lieder Carl Philipp Emanuel Bachs, die bereits den Geist des Pietismus atmen, Gesänge von vollendeter Schönheit.
Der Gambist Siegfried Pank und der Organist Hans Christoph Becker-Foss unterstützten sehr einfühlsam den Bassbariton Gotthold Schwarz bei seinen umfang- und abwechslungsreichen Aufgaben. Darüber hinaus ergänzten und gliederten die Instrumentalisten in beeindruckender Stimmigkeit das Konzert mit drei kleinen Orgelstücken von Johann Pachelbel, Dietrich Buxtehude und Wilhelm Friedmann Bach sowie mit der Sonata C-Dur für Viola da gamba und Orgel von Georg Friedrich Händel.
Das Publikum in der Friedenskirche war von dem Konzertnachmittag begeistert und dankte den Künstlern mit herzlichem Applaus. Das Versprechen der Künstler auf dem Programmzettel, die Botschaft der Texte und der Musik behutsam aufzuschließen, ging wunderbar in Erfüllung. Klaus Büstrin
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