Keine Spur von Beschaulichkeit: Kammerakademie nimmt Schubert-Sinfonie auf
Franz Schubert war ein Komponist, der in der Lage war, den Zuhörern mit seinen Werken vieles mitzuteilen und verschiedene Seelenzustände zu verursachen. Nicht umsonst sind seine Werke bis heute beim Publikum beliebt.
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Franz Schubert war ein Komponist, der in der Lage war, den Zuhörern mit seinen Werken vieles mitzuteilen und verschiedene Seelenzustände zu verursachen. Nicht umsonst sind seine Werke bis heute beim Publikum beliebt. Die Kammerakademie Potsdam und ihr Chefdirigent Antonello Manacorda nehmen uns seit einigen Jahren in ihren Konzerten und CD-Aufnahmen mit auf den Weg der Entwicklung Schuberts als Sinfoniker. Sechs Sinfonien haben sie bereits als CD eingespielt: die Nr. 2 bis 7. Nun erschien als Komplettierung die Sinfonie Nr. 8 in C-Dur, die „Die Große“ genannt wird, wieder bei Sony Music.
In der Auseinandersetzung mit dem großen Vorbild Beethoven geriet Schubert nach der Komposition seiner sechsten Sinfonie in eine längere Krise, was sein sinfonisches Schaffen betraf. So setzte er zwischen 1818 und 1822 vier Mal zu einer neuen Sinfonie an, alle Versuche blieben jedoch Fragment. Im Jahre 1824 schrieb er dann an einen Freund, dass er sich auf dem Weg zur großen Sinfonie befinde. Er begann mit der Arbeit an der großen C-Dur-Sinfonie (D 944). Sie unterscheidet sich von den frühen Sinfonien vor allem dadurch, dass sie sich von dem Vorbild der klassischen Sinfonie, wie sie Mozart und Haydn geschrieben hatten, wegentwickelt hat, hin zu einer größeren Komplexität nach dem Beispiel Beethovens. Wegen ihrer Länge und des hohen Schwierigkeitsgrades wurde sie in den Jahren nach ihrer Entstehung selbst von professionellen Orchestern abgelehnt. Erst 1839 wurde „Die Große“ unter der Leitung von Felix Mendelssohn-Bartholdy in Leipzig zum ersten Mal aufgeführt.
Das Mitreißende des ersten Satzes der Sinfonie (Andante – Allegro ma non troppo) kündigt sich bereits im prägnanten Hörnerthema der langsamen Einleitung an, die rhythmisch wie melodisch als Kernzelle des gesamten Werkes betrachtet werden kann. Antonello Manacorda wählt zunächst ein ruhiges Tempo, das nie schleppend wirkt und das er gewaltig anzieht. Die kraftvolle Interpretation ist von scharfen Kontrasten geprägt, die aber nie gewollt wirken. Die Brüche und Abgründe, die den insgesamt heiteren Charakter dieser Sinfonie immer wieder stören und verdunkeln, vermag der Chefdirigent der Kammerakademie überzeugend zu gestalten. Fein modellieren die Streicher, die an Klangschönheit und Präzision nichts zu wünschen übrig lassen, den pochenden Trauermarschgestus des zweiten Satzes (Andante con moto), über dem die exzellenten Holzbläser des Orchesters ihre tänzerisch bewegte Melodie intonieren, die sich endlich zu jenem gewaltigen Forte-Ausbruch massiert, auf den jäh eine spannungsgeladene Generalpause folgt, die schon auf Bruckner voraus weist. Auch das vierfach wiederholte donnernde Tutti-Unisono kurz vor Schluss des vierten Satzes (Finale. Allegro vivace) zerschneidet scharf die stürmische, drängende Bewegung hin zum schmetternden C-Dur-Jubel des Finales. In jedem Takt ist spürbar, dass die Musiker der Kammerakademie begeistert bei der Sache waren.
Es ist nicht Sache Manacordas, eine nur gepflegte und klassisch zu nennende Wiedergabe anzubieten. Von Beschaulichkeit ist in dieser Aufnahme mit der Kammerakademie Potsdam nichts zu finden, die harmonische Stille des Lebens wird infrage gestellt. Klaus Büstrin
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