Kultur: „Katastrophen finden nicht in Potsdam statt
Jahresrückblick des Landesdenkmalamtes
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„In Calau, Burgstraße 8, droht eines der letzten Wohnhäuser aus dem 18. Jahrhundert einzustürzen, das die Stadtzerstörung 1945 überlebt hat. Die Stadtverordnetenversammlung verweigert einem potenziellen Käufer die Förderung aus der Städtebauförderung.“ In Potsdam hätte solch ein Negativbeispiel Schlagzeilen gemacht, am Rande Brandenburgs werde es kaum zur Kenntnis genommen, sagte dazu Landeskonservator Detlef Karg gestern im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in einem Jahresresumee des Landesdenkmalamtes. Die „wahren Katastrophen“ auf dem Gebiet der Denkmalpflege fänden außerhalb der Landeshauptstadt statt. Ähnlich sei es mit Denkmalentdeckungen. Nichts gegen das bronzezeitliche Skelett „Pötzi“, das in Potsdam ausgegraben wurde, doch eine echte Sensation stelle eher die Wiederentdeckung mittelalterlicher Holzskulpturen aus dem 14. und 15. Jahrhundert in der Marienkirche von Dahme (Kreis Teltow-Fläming) dar. Davon habe kaum jemand Notiz genommen, obwohl die unersetzlichen Kunstwerke nur durch eine aufwändige Restaurierung zu retten seien.
Der Landeskonservator bedauerte, dass die Sponsorenhilfe für Denkmale auf die Landeshauptstadt fokussiert ist, wo sie weit öffentlichkeitswirksamer sei als für eine desaströse Dorfkirche oder einen verfallenden Gutshof in den Weiten des Landes. Er forderte erneut die Einrichtung einer Stiftung aus öffentlichen und privaten Mitteln, die die Sicherung akut gefährdeter Denkmale finanzieren könnte. 20 Millionen Euro, wie sie Prof. Hasso Plattner allein für die Stadtschlossfassade in Potsdam gespendet habe, reichten dafür als Grundstock aus. Eine solche Stiftung würde zudem den heute unerträglich hohen Verwaltungsaufwand bei der Zusammenführung der verschiedenen Fördermöglichkeiten entbürokratisieren.
Karg wies darauf hin, dass nach einem Kabinettsbeschluss von 2001 das Personal des Landesamtes, zu dem auch der Bereich Archäologie gehört, von 123 (1999) über jetzt 106 auf 80 Arbeitskräfte (2013) weiter drastisch abgebaut werden soll. Dies erlaube nicht länger eine flächendeckende Beratung und Betreuung vor Ort. Das Amt strebt deshalb mit den Unteren Denkmalschutzbehörden die Vereinbarung von Grundsätzen an, so dass zur Entscheidung von Detailfragen das Landesamt nicht mehr hinzugezogen werden muss. Solche Vereinbarungen sollen mit drei Vierteln aller Landkreise getroffen werden, kündigte der zuständige Abteilungsleiter Thomas Drachenberg an. Dazu zählen das Potsdamer Denkmalamt und als Sonderfall die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, die hohe Fachkompetenz besäßen.
Trotz der auf einigen Gebieten problematischen Situation, stellte Karg klar, sei die Entwicklung der brandenburgischen Denkmalpflege in den 17 Jahren seit der deutschen Wiedervereinigung eine Erfolgsgeschichte. Auch im ablaufenden Jahr wurden wieder 40 Millionen Euro investiert. Davon profitierten u.a. solch bedeutende Flächen- und Einzeldenkmale wie 30 historische Stadtkerne, das Zisterzienserkloster Doberlug-Kirchhain, Stift Heiligengrabe und der Brandenburger Dom. Erhart Hohenstein
Erhart Hohenstein
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