zum Hauptinhalt

Kultur: Keine Konzerte, musikalische Predigten Zum Tod von Hanna-Maria Schuster

Hanna-Maria Schusters Wirkungsstätte war der Nikolaisaal. In den 50er- bis Ende der 70er-Jahre.

Stand:

Hanna-Maria Schusters Wirkungsstätte war der Nikolaisaal. In den 50er- bis Ende der 70er-Jahre. Damals bot der Saal vor allem der St. Nikolai-Kirchengemeinde Raum für ihre Gottesdienste, denn Schinkels Nikolaikirche am Alten Markt war nicht mehr benutzbar, da sie in den letzten Kriegstagen 1945 durch Artilleriebeschuss zur Ruine wurde. Die große kirchenmusikalische Tradition von St. Nikolai konnte im Saal in der Wilhelm-Staab-Straße fortgeführt werden. 1950 kam Hanna-Maria Schuster als Kantorin in die Gemeinde. Mit tatkräftiger Unterstützung von Pfarrer Walter Posth gab sie der Musica sacra im Nikolaisaal, in dem auch andere Veranstalter mit zahlreichen Konzerten aufwarteten, eine wirkungsvolle Heimstatt. Die Kantorin hat sich als Person nie in den Vordergrund gedrängt, sondern immer die Musik als Verkündigung ins Zentrum gebracht. Noch bis in den Ruhestand hinein füllte sie ihren Dienst als Kirchenmusikerin aus. Am 2. Mai 1981 stand sie letztmalig vor ihrem Nikolaichor. Sie dirigierte die Ratswahlkantate von Bach „Wir danken dir Gott, wir danken dir“. Es war der lang ersehnte Tag der Einweihung des Gotteshauses am Alten Markt und zugleich die Stunde des Abschieds von ihrem Amt. Am 18. September 2013 ist Hanna-Maria Schuster 96-jährig in einem Potsdamer Seniorenheim gestorben, wie die PNN erst jetzt erfuhren.

Die 1917 in Löbejün (Sachsen-Anhalt) Geborene besuchte die Kirchenmusikschule in Aschersleben, die 1939 nach Halle an der Saale umzog. Am Institut für Kirchenmusik Berlin-Charlottenburg legte sie 1940 ihr A-Examen ab. Ihren verehrten Hallenser Lehrer Kurt Fiebig nahm sie musikalisch mit auf ihren kirchenmusikalischen Stationen, nach Putbus, an die Pfingstkirche in Potsdam und in den Nikolaisaal. Fiebig war ein fleißiger Komponist, schrieb vor allem singbare Chormusik für den gottesdienstlichen Gebrauch. So bedrohte sein Gebrauch von kompositorischen Mitteln nie das Gleichgewicht der Aussage.

Doch Hanna-Maria Schuster hat natürlich die große Palette der Kirchenmusik, die schlichte Chorsätze sowie kunstvolle Motetten und Kantaten umfasst, mit ihrem Chor erarbeitet. Unter ihrer Leitung erklangen rund 80 Bachkantaten, zu denen sie namhafte Gesangssolisten einlud. Sängerinnen und Sänger aus dem Chor vertraute sie oftmals solistische Aufgaben an. Die musikalischen Vespern im Nikolaisaal, in denen selbstverständlich auch die Schuke-Orgel unter ihren Händen und Füßen erklang, verstand sie nie als Konzerte, sondern als musikalische Predigten. Auch die manchmal bis 600 Zuhörer, die in den Nikolaisaal strömten, spürten das. Besonders das regelmäßige Advents- und Weihnachtssingen am 4. Adventssonntag war bei den Potsdamern beliebt. Bis heute. Ihre Nachfolger führen diese Veranstaltungen in der Nikolaikirche weiter.

Als im Jahr 2000 der Nikolaisaal als städtisches Konzert- und Veranstaltungshaus wiedereröffnet wurde, hat Geschäftsführerin Andrea Palent den Musikergarderoben Namen gegeben, die für das musikalische Geschehen prägend waren und hat sie somit geehrt. Darunter Kantorin Hanna-Maria Schuster, die 30 Jahre lang für die Kirchenmusik im Nikolaisaal verantwortlich war. Klaus Büstrin

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })