Kultur: Keine Visitenkartenfilme
Zehnter Babelsberger Medienpreis geht an die HFF „Konrad Wolf“
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Zehnter Babelsberger Medienpreis geht an die HFF „Konrad Wolf“ Von Matthias Hassenpflug Der Schweizer Sören Senn, Absolvent der Hochschule für Film und Fernsehen in Babelsberg, hat für seinen Abschlussfilm „KussKuss“ den von der Gesellschaft zur Wahrnehmung von Film- und Fernsehrechten (GWFF) mit 18000 Euro dotierten „Förderpreis für den besten Absolventenfilm in der Kategorie Spielfilm“ gewonnen. Senns Film, so die Juryvorsitzende und Preisträgerin des Vorjahres, Maren Ade, überzeugte durch die humorvolle, zuweilen böse Betrachtung vom Zusammenprallen zweier Kulturen. Der Geisteswissenschaftler Hendrik und die Ärztin Katja zelebrieren geradezu eine von Toleranz geprägte Beziehung, wie sie, so Ade, typisch ist für eine Generation, die sich nach echten Problemen zu sehnen scheint. Diese brechen in ihr Leben mit Katjas Wunsch, Hendrik möge mit der traumatisierten Immigrantin Saida eine Scheinehe eingehen. Es entwickelt sich eine Geschichte über Liebe und Verrat, an deren Ende Regisseur Senn die Ratlosigkeit der Figuren gesetzt hat, ohne eine Lösung anzubieten. Bevor die Laudatorin den Preisträger benannte, richtete sie im Kinosaal der Filmhochschule kritische Worte an alle Beteiligten des Filmpreises, die auch Mark Wittek, Laudator für den Bereich Dokumentarfilm, später teilte. Die Juroren hätten den Eindruck, dass durch die Vorauswahl der Filme durch die einzelnen Filmhochschulen verstärkt solche Filme eingereicht würden, die inhaltlich, formal und thematisch dem Diktat der Bedingungen der Förderanstalten und des Mainstreams unterworfen wären. Ade machte bei den Jungregisseuren „eine Sehnsucht nach Regeln und Sicherheit“ aus, die sich in Filmen widerspiegele, in denen „selten persönliche Erfahrungswerte“ eine Rolle spielten. Das Ergebnis wären häufig „überperfektionierte Visitenkarten“ – die ausgezeichneten Filme des Abends natürlich ausgenommen. Die Preisverleihung im Gebäude der HFF wurde von der RBB-Fernsehmoderatorin Tatjana Jury moderiert. Der öffentlich-rechtliche Regionalsender ist Stifter des ebenfalls mit 18 000 Euro dotierten Nachwuchspreises in der Kategorie Dokumentarfilm, der an die aus Korea stammende Heesook Sohn von der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB) und ihren Film „Happy Family“ ging. Sohn verfolgt die Mitglieder der eigenen, in Korea, den USA und Deutschland lebenden Familie, die das individuelle Streben nach Glück und die Scheidung der Eltern auseinandergerissen hatten. Die Jury lobte den selbstironischen Kommentar, den Sohn über ihre Dokumentation spricht und ihre besondere Bildsprache. Der den Galagästen gezeigte Filmausschnitt zeigt Sohns Vater, wie er im Fond einer schwarzen Limousine sitzt, die nachts unterhalb einer Brücke parkt. In dieser auf unzählige amerikanische Gangsterfilme anspielende Szenerie erzählt der Vater der Tochter, warum er sich damals von ihrer Mutter trennte. „In dieser Welt zu leben bedeutet Krieg - Krieg der Intelligenz“, so seine Worte. Gabriel Heim, der Fernsehdirektor des RBB äußerte bei der Übergabe der Gewinnerurkunde die Hoffnung, „Happy Family“ bald einen Sendeplatz geben zu können. Im Gegensatz zu den beiden Förderpreisen wird der Erich-Kästner-Fernsehpreis für das beste deutschsprachige Kinder- und Jugendprogramm im Fernsehen mit einem Scheck ausgezeichnet, dessen 25500 Euro sofort eingelöst werden dürfen. Die Besonderheit der beiden anderen Förderpreise ist es nämlich, dass ihr Preisgeld in die nächste Produktion investiert werden muss. Die Jury für das beste Kinder- und Jugendprogramm teilte die zuvor geäußerten Bedenken über mangelnde Qualität nicht. Sprecherin und Vorjahressiegerin Susanne Seidel sagte, die Bandbreite der Reaktionen auf die gesichteten Einsendungen reichte von „fassungslosem Kopfschütteln bis zu Freudenjuchzern“. Hagen Winterhoff von der Filmakademie Baden-Württemberg nahm freudestrahlend den Preis für „Helden in Gummistiefeln“ entgegen, der in ruhigen Bildern von der ersten Liebe mit 14 Jahren auf dem Lande erzählt. Sein besonderer Dank ging an seine Eltern. „Wir hatten kein Geld, deshalb haben wir den Film im Elternhaus gedreht und teilweise das Team dort untergebracht.“ Für den 11. Babelsberger Medienpreis, der 2006 an gleicher Stelle verliehen wird, stellte der Präsident der HFF, Dieter Wiedemann, die Ausrichtung eines vorangehenden Workshops in Aussicht, auf dem die Qualitätskriterien der Filmausbildung an deutschen Hochschulen diskutiert werden sollten.
Matthias Hassenpflug
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