
© Andreas Klaer
Kultur: Keiner läuft einfach mit
Die Kammerakademie Potsdam erhält den „Echo“ Klassik Preis 2015 und blickt auf die neue Saison
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Eine handfest-freudige Überraschung erreichte die Mitglieder der Kammerakademie Potsdam und ihren Chefdirigenten Antonello Manacorda, als sie Mitte dieser Woche wieder aus dem Urlaub zur ersten Probe im Nikolaisaal erschienen. Für ihre CD-Aufnahmen der Sinfonien 2 und 4 von Franz Schubert werden sie mit dem „Echo“ Klassik Preis 2015 in der Kategorie „Ensemble/Orchester des Jahres“ gewürdigt.
Der “Echo“ Klassik gehört zu den etablierten und bekanntesten Music Awards der Welt und wird seit 1994 vergeben. Die Deutsche Phono-Akademie ehrt damit jährlich herausragende und erfolgreiche Leistungen nationaler und internationaler Künstler: Solisten, Orchester und Produktionen im Bereich der klassischen Musik. Freude und Zeit zum Feiern sollte es für die Kammerakademie-Musiker geben. Doch bisher gab es dafür keine Möglichkeit, denn intensive Proben stehen an. Am morgigen Samstag wird die Konzertsaison 2015/16 eröffnet und zugleich der 15. Geburtstag des Konzert- und Veranstaltungshauses Nikolaisaal gefeiert.
Ein schillerndes Programm hat Antonello Manacorda zum Auftakt der 14. Spielzeit ausgewählt, die erstmals unter ein Motto gestellt wird. Mit „Natürlich Musik“ begibt sich die Kammerakademie „auf Suche nach dem Musikalischen in der Natur und dem Natürlichen in der Musik“, heißt es im Jahresheft des Potsdamer Klangkörpers. Werke des französischen Barockkomponisten Jean-Féry Rebel (Die Elemente), des französischen Romantikers Camille Saint-Säens (Karneval der Tiere) sowie von Igor Strawinsky (Pulcinella-Suite), einem Komponisten, der sich als Russe, Franzose und US-Amerikaner verstand, wollen nicht nur das Thema umkreisen, sondern es näher beleuchten. Und das vor allem mit Heiterkeit. Obwohl Saint-Säens nach dreimaligen Aufführungen weitere Konzerte des „Karnevals der Tiere“ verbot, weil er befürchtete, dass seine anderen Werke vernachlässigt würden, hat gerade der tierisch köstliche Zyklus seinen Siegeszug in den Konzertsälen und anderswo angetreten. Nicht die liebenswerten Texte von Loriot liest die Film- und Theaterschauspielerin Katja Riemann dazu, sondern die provokant, gesellschaftskritisch und sehr humorig geschriebenen Verse des Journalisten und Publizisten Roger Willemsen. Als weitere Solisten wirken im „Karneval“ die Pianisten Marianna Shirinyan aus Armenien und der Isländer Vikingur Olafsson mit.
Bis zur Verleihung des „Echo“ Klassik Preises am 18. Oktober während einer festlichen Gala im Konzerthaus Berlin stehen für Antonello Manacorda sowie für die Kammerakademie noch eine ganz Reihe von Konzerten an. „Wir werden in der kommenden Woche die letzte CD unseres Schubert-Zyklus produzieren“, sagt der Chefdirigent den PNN. „Es fehlt ja noch die erste Sinfonie, die der Komponist als Jugendlicher mit 16 Jahren während seiner Schulzeit im k.k. Stadtkonvikt in Wien schrieb, also nicht für den großen Konzertsaal, sondern für das dortige Schulorchester. Sie soll bereits im Oktober auf dem Markt kommen, ebenso eine CD-Box mit allen von uns musizierten Schubert-Sinfonien.“ Es sei ein Luxus, dass die Kammerakademie alle vollendeten Werke und natürlich die Unvollendete', die Siebente, des Wiener Komponisten bei Sony Classics seit 2012 aufnehmen konnte, sagt der aus Italien stammende Antonello Manacorda, der seit fünf Jahren Chefdirigent des Hausorchesters des Nikolaisaals ist und auf internationalen Konzertpodien und in Opernhäusern ein gern gesehener Gast ist.
Antonello Manacorda ist stolz darauf, dass der Kammerakademie der „Echo“ Klassik Preis in der Kategorie Ensemble/Orchester verliehen wird. „Damit würdigt die Jury insbesondere die wunderbare Klang- und Interpretationsleistung des Orchesters. Das Tolle ist, dass jede Musikerin und jeder Musiker am Musikgeschehen nicht nur so einfach mitläuft, sondern sich explizit beteiligt am genauen Hinhorchen auf die Aussage des Werkes, seinem Charakter, seiner emotionalen Wirkungsweise.“ Manacorda kündigt an, dass die Kammerakademie sich in den kommenden Jahren dem sinfonischen Werk Felix Mendelssohn Bartholdys widmen wird, einem Komponisten der Romantik, der viel mit preußischer Geschichte zu tun. Nicht nur im Konzertsaal wird dessen Musik erklingen, sondern auch in den Aufnahmestudios von Sony Classics.
Bei der Durchsicht der diesjährigen „Echo“ Klassik-Preisträger stellt man fest, dass so manche Künstler immer wieder gern gesehene Partner des Potsdamer Orchesters sind, so der Klarinettist Andreas Ottensamer, der am 26. Dezember mit der Kammerakademie spielt, das David-Orlowsky-Trio, der Gitarrist Avi Avital, die Geigerin Isabelle Faust, der Flötist Emanuel Pahud. Klaus Büstrin
Saisoneröffnung der Kammerakademie Potsdam: Samstag, 19 Uhr im Nikolaisaal
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