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Von Astrid Priebs-Tröger: Klassenkampf im Partykeller

„Feindliche Übernahme“: Komödie von Thomas Steinke hatte auf dem Theaterschiff Premiere

„Bossnapping" ist im vergangenen Krisenjahr in Frankreich fast zum Volkssport geworden. Die sogenannte Geiselnahme von Managern zwecks Erpressung der Wiedereinstellung entlassener Arbeiter respektive die Ausschüttung großzügiger Abfindungen an diese bietet auch Stoff für das Theater. Der ostdeutsche TV-Autor und Dramaturg Thomas Steinke hat schon vor fast zehn Jahren die Komödie „Feindliche Übernahme“ geschrieben, die am Freitagabend unter der Regie von Detlef Brand auf dem Potsdamer Theaterschiff zur Premiere gelangte.

Uschi und Harry Kowalke sind ein Gangsterpärchen, wie es im Buche steht. Die arbeitslose Krankenschwester (Manuela Weihrauch) und der entlassene Baggerfahrer (Mario Neubert) haben ein Plan. Sie wollen die Frau des Konzernchefs Strompp entführen, um mit dem erpressten Lösegeld die ausstehenden Raten für ihr Häuschen zu bezahlen. Doch anstelle der Ehefrau geht ihnen der Big Boss (Mathias Iffert) selbst ins Netz und bietet sofort zwei Millionen Euro, wenn sie ihn so schnell wie möglich aus ihrem Partykeller wieder ans Steuer seines Konzernschiffs entlassen.

Das Pärchen und Schwager Leo (Frank Lautenschläger) wollen Plan X bereitwillig umsetzen und den Manager so schnell wie möglich wieder los werden. Womit keiner der Beteiligten gerechnet hat: Weder seine Frau noch Geschäftsführer Dr. Kleine wollen ihn zurück. Stattdessen bieten sie ihrerseits Kopfgeld an, wenn Strompp weiter von der Bildfläche verschwunden bleibt. Was jetzt im Partykeller abgeht, böte genügend Reibungsfläche für eine Komödie. Doch leider werden viele Möglichkeiten bereits in der Vorlage und auch von der Regie verschenkt, diese Momente des Aufeinanderprallens so ganz verschiedener Welten wirklich vielschichtig auszukosten.

Stattdessen viel vordergründig-sexualisierter Klamauk – Strompp ist erst wenige Augenblicke im Keller und landet mit Uschi bereits unter der Dusche – und eine mehr als groteske Lösung des ganzen Schlamassels, die zur Luft- statt zur Lachnummer für das Publikum in einem zerdehnten Finale wird. Überhaupt das Timing. Die Inszenierung macht bereits nach einer halben Stunde eine Viertelstunde Pause, was dem Getränkeumsatz sicher dienlich, aber der Spannung ziemlich abträglich ist. Im zweiten Teil gibt es ein paar komische Auswirkungen eines beiderseitigen Stockholm-Syndroms zu sehen, „Klassenkampf“ findet im Partykeller nicht ansatzweise statt.

In mal mehr oder weniger witzigen Dialogen wird an einigen Stellen hinter die Kulissen dieser Gesellschaft geschaut und die patente Uschi hat immer einen Plan, wie es weitergehen kann. Ihr angstbesetzter Mann Harry muss, wenn es ernst wird, immer zur Toilette und Schwager Leo ist vor allem ein Maulheld und auch vom coolen Strompp leicht zu beeindrucken.

Ein paar schöne Spielmomente gibt es, als Strompp die beiden Verlierer mit Mentaltraining auf die Siegerstraße bringen will, aber auch das ist vergebliche Liebesmüh bei jemandem, der wie Harry vom Leben einfach nur in Ruhe gelassen werden will. Das Premierenpublikum honorierte die vier Schauspieler am Ende mit herzlichem Applaus.

Nächste Vorstellungen am 20. März um 20 Uhr und 21. März um 19 Uhr auf dem Theaterschiff, Karten unter Tel. 0331-972302.

Astrid Priebs-Tröger

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