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Kulturstandort mit Verfallsdatum? Das Luisenforum in Potsdams Innenstadt.

©  Andreas Klaer

Von Dirk Becker: Kleine Erfolge mit Beigeschmack

Der Brandenburgische Kunstverein kann weiter im Luisenforum ausstellen – vorerst

Stand:

Ein gewisses Phlegma muss sich Silke Albrecht in den vergangenen Monaten zugelegt haben. Anders lässt es sich die Beharrlichkeit der Geschäftsführerin des Brandenburgischen Kunstvereins kaum erklären. Aber sie hat Erfolg damit. Ein Erfolg im Kampf um den Erhalt der Ausstellungsräume des Brandenburgischen Kunstvereins im Luisenforum, der sich in Abschnitten messen lässt, aber auch einen bitteren Beigeschmack hat. Gerade ist ein weiterer Abschnitt hinzugekommen, konnte der Mietvertrag für die Räume im Luisenforum bis zum Ende dieses Jahres verlängert werden.

Ende vergangenen Jahres hatte das Berliner Unternehmen Deutsche Gewerbehaus AG bei einer Zwangsversteigerung das Luisenforum in der Brandenburger Straße gekauft. Kurze Zeit später erhielten die Mieter des Luisenforums, darunter auch der Brandenburgische Kunstverein, die Kündigung ihrer Mietverträge per Post. Fast sah es so aus, dass nun mit dem Luisenforum, in dem neben dem Brandenburgischen Kunstverein auch die Produzentengalerie M des Brandenburgischen Verbandes Bildender Künstler und die private Galerie Art Market ihre Ausstellungsräume haben, der letzte innerstädtische Raum für Bildende Kunst innerhalb kürzester Zeit verschwinden würde, weil die Galerien die neuen Mietsätze nicht hätten zahlen können. Doch die Deutsche Gewerbehaus AG zeigte sich daran interessiert, das Kulturangebot im Luisenforum vorerst zu halten und handelte mit den Galerien befristete Verträge aus. Das erste Opfer hat es trotzdem gegeben. Angelika Euchner, Betreiberin der Galerie Art Market hat Ende Juni ihre Galerie nach zweijähriger Tätigkeit im Luisenforum geschlossen.

„Wir würden natürlich gern an diesem Standort bleiben“, sagt Silke Albrecht. Die exklusive Lage in der Innenstadt, direkt an der Fußgängerzone der Brandenburger Straße. Dazu die Nachbarschaft zur Produzentengalerie M des Brandenburgischen Verbandes Bildender Künstler und dann, um zwei Ecken sozusagen, die Nähe zur Galerie von Manfred Ruhnke in der Charlottenstraße. Alles Faktoren, die das Luisenforum, eine Enklave in Sachen Bildender Kunst in Potsdams Innenstadt, so einmalig machen. Hinzu kommt, dass sich dieser Standort durch die beharrliche Arbeit der Galeristen zu einer festen Ausstellungsgröße nicht nur für Potsdamer Besucher entwickelt hat. Darum kann Silke Albrecht die Verlängerung des Mietvertrages bis zum Jahresende als einen Erfolg verbuchen. Aber, wie schon gesagt, ein Erfolg mit bitterem Beigeschmack.

„Die Gespräche mit dem neuen Eigentümer haben sich sehr hingezogen. Und natürlich ist uns klar, dass die Deutsche Gewerbehaus AG auch wirtschaftlich denken muss“, sagt Silke Albrecht. Wirtschaftlich heißt in diesem Fall, dass zehn Euro pro Quadratmeter verlangt werden. Geld, das der Brandenburgischen Kunstverein nicht zahlen kann. Der Brandenburgische Verband Bildender Künstler hat seinen Mietvertrag für die Produzentengalerie M um ein Jahr verlängert und will die Mietkosten teilweise durch höhere Mietgliedsbeiträge ausgleichen.

„Bis zum Ende des Jahres haben wir eine Nutzungsvereinbahrung mit der Deutschen Gewerbehaus AG getroffen, nach der wir für unsere Galerieräume inklusive dem Büro eine Pauschale zahlen.“ Wie es danach weitergeht, ob dann wieder eine Art Nutzungsvereinbahrung für ein paar Monate ausgehandelt wird, kann Silke Albrecht zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Für eine Planung für das Jahr 2011 wäre diese Art von Provisorien fatal. „Unter solchen Umständen brauchen wir als Brandenburgischer Kunstverein gar nicht erst bei einem Künstler anfragen“, so Silke Albrecht. Hinzu komme, dass bald schon die neuen Anträge für die Förderungen im kommenden Jahr gestellt werden müssen. Und wer gefördert werden will, muss auch gewissen Grundvoraussetzungen und so entsprechende Sicherheiten vorweisen. Was es bedeutet, wenn diese Sicherheiten auf einmal fehlen, hat Silke Albrecht Anfang dieses Jahres erfahren müssen.

Geplant war eine Ausstellung in den Räumen des Luisenforums mit einer Künstlerin aus Glasgow. „Wir hatten uns um Kooperationen bemüht, hatten die Künstlerin in ihrem Atelier besucht.“ Alle Vorbereitungen waren getroffen. Dann kam im vergangenen Dezember die Kündigung des Mietvertrages und wegen der unsicheren Situation hat die Künstlerin die Ausstellung abgesagt. Und weil es keine Ausstellung gab, musste der Verein Fördergelder im vierstelligen Bereich an das Kulturministerium zurückzahlen. Trotz dieser ernüchternden Erfahrung hat der Brandenburgische Kunstverein Ausstellungen für dieses Jahr geplant.

So soll im November eine Fotoausstellung unter dem Titel „Noir Complex. City Story Destruction & Death“ gezeigt werden. Im Dezember folgt dann eine Gemeinschaftsproduktion mit einer Galerie aus dem französischen Delme, deren Kuratorin eine Videoinstallation im Luisenforum zeigen wird. Wie es danach weitergeht, ist noch offen.

„Derzeit erarbeite ich ein Konzept für das kommende Jahr sowohl für die Räume im Luisenforum als auch für den Pavillon auf der Freundschaftsinsel.“ Das ist eine der Ausweichmöglichkeiten, über die die Stadtverwaltung nachdenkt und so den Brandenburgischen Kunstverein unterstützen will. Davon abgesehen, dass die Räume im Inselpavillon viel kleiner und durch die vielen Fenster als Ausstellungsraum auch sehr schwierig zu nutzen ist, finden dort seit Jahren schon regelmäßig Ausstellungen. Wie hier eine mögliche Kooperation zwischen dem Brandenburgischen Kunstverein und den anderen ausstellenden Vereinen gefunden werden soll, möchte Silke Albrecht nicht kommentieren. Das braucht sie auch nicht. Denn auch so wird schnell klar, dass sich hier schnell ein Politikum anbahnen kann.

„Wenn die Stadt wirklich an dem Erhalt eines Standortes in der Innenstadt für die Bildende Kunst interessiert ist, findet sich auch ein Lösung“, sagt Silke Albrecht. Doch wo seitens der Verwaltung nur Halbherzigkeit zu beobachten ist, hilft irgendwann auch nicht mehr das stärkste Phlegma.

Dirk Becker

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