Kultur: „Königen ist Unrecht tun ein Greuel“
Kleppers Roman „Der Vater“ als Lesung in der Garnisonkirchen-Ausstellung
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Als König Friedrich Wilhelm I. den Thron Preußens bestieg, änderte sich im Lande einiges. Besonders der Hofstaat musste in puncto prunkvolles Schmarotzerleben Defizite hinnehmen. Minister und Räte wurden entlassen. Fortan regierte der König selbst, absolutistisch. Der Dichter Jochen Klepper (1903-1942) beschrieb sehr eindrücklich den Machtwechsel von dem prunkliebenden Friedrich I. zu dem sparsamen „Soldatenkönig“. Wenn andere Autoren vom Monarchen ein vernichtendes Bild zeichneten, lässt Klepper ihn mit psychologischer Genauigkeit Gerechtigkeit widerfahren, auch in dem schwierigen Verhältnis zu dem Sohn, dem späteren Friedrich II.
Friedrich Wilhelm I. war ein sehr frommer, gottesfürchtiger Mensch. Von diesem Blickwinkel aus muss man das Leben und die Regierungsjahre des Monarchen betrachten: Der König unter Gott, der Vater unter der Not seines Gewissens, der Mensch unter dem Leid seiner Schuld. Dies interessierte den Dichter vor allem. Für Klepper hatte Friedrich Wilhelm auch etwas von alttestamentarischer Größe. Im Potsdamer Stadtschloss, im Jagdschloss von Königs Wusterhausen, an Orten der Mark Brandenburg wollte der Autor den „Geist“ des Königs aufspüren. Aber er fand ihn am nachhaltigsten in der Garnisonkirche zu Potsdam, ein Gotteshaus, das der König für die Soldaten, für den Hof und für die Bürger bauen ließ. „Sie überquerten die herbstliche Wiese hinter dem Schloss, die Wiese auf der die erste Kirche seiner neuen Königsstadt Potsdam sich erheben sollte: eine Hütte Gottes bei den Menschen der Mark Brandenburg ...“, heißt es im „Vater“. Und weiter: „Für die Königsstädte wie für die abgelegensten Dörfer galt der Befehl: die Kirchen sollten ,gebaut werden, dass man sie von weitem sehen und kennen kann“.“ Klepper lässt den König sagen, dass die Predigten in den Gotteshäusern ohne künstlichen, allegorischen und verblümten Worte auskommen sollten, denn sie würden kein tätiges Christentum befördern und sind ohne Kraft.
Als 1935 der Friedrich-Wilhelm-Film „Der alte und der junge König“ gezeigt wurde, schrieb Klepper in sein Tagebuch am 10. März: „Hier war keine Kritik mehr, hier war nur noch Apotheose. Dieser Film ist aber nicht einmal auch nur eines kritischen Gedankens würdig gewesen, ein lächerliches, dummes Machwerk.“ Für die Versuche der Nationalsozialisten Friedrich Wilhelm I. und seinen Sohn Friedrich für ihre Ziele zu vereinnahmen, ist der Roman dagegen, der 1937 erschien, eine eindeutige Absage. Viele Leser sahen in ihm das „Gegenbild“ zu den aktuellen Zuständen. Gegen eine „Vergottung“ des Führers, verwies Klepper in seinem Roman auf die Führung Gottes ins Gericht. „Den Königen ist Unrecht tun ein Greuel; denn durch Gerechtigkeit wird der Thron befestigt“ schrieb Klepper über das erste Kapitel – ein Bibelwort als Motto.
Er hat fest daran geglaubt, obwohl die Mächtigen seiner Zeit ihm tiefstes Unrecht antaten. Sie drohten seiner jüdischen Frau Hanni und der Stieftochter Renate mit der Deportation in ein Vernichtungslager. Jochen Klepper, seine Frau und die Tochter gingen am 10. Dezember 1942 freiwillig aus dem Leben.
Anlässlich der Eröffnung der Ausstellung der Garnisonkirche, Breite Straße, liest der Autor des Beitrages Jochen Kleppers Roman „Der Vater“ in drei Teilen. Heute um 19.30 Uhr die erste Folge. Musik: Hannes Immelmann, Flöte, und Susanne Catenhusen, Cembalo.
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