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Kultur: Königs’Orangen Potsdamer Geschichte(n) über die goldene Frucht

Am Anfang muss man sich durch die Botanik lesen. Apfelsinen ( auch Orangen genannt) und Pomeranzen sind durch einen meist baumförmigen Wuchs gekennzeichnet, der bis zu zehn Meter erreichen kann, erfährt man über die schmackhaft süße und die bittere Zitrusfrucht.

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Am Anfang muss man sich durch die Botanik lesen. Apfelsinen ( auch Orangen genannt) und Pomeranzen sind durch einen meist baumförmigen Wuchs gekennzeichnet, der bis zu zehn Meter erreichen kann, erfährt man über die schmackhaft süße und die bittere Zitrusfrucht. Die Pomeranze ist kleiner als die Apfelsine, ihre Schale dünner. Es dauert ein paar Seiten, bis man in dem kleinen Buch „Potsdamer Pomologische Geschichten“ aus dem vacat Verlag – der sich schon mit Birnen, Kirschen, Äpfeln und Melonen beschäftigte – dann auch wirklich auf die Geschichten stößt, die Potsdam und die Orange verbinden. Und wenn man sich durch das Inhaltsverzeichnis liest, wird plötzlich klar, dass man die Stadt nie aus orangener Perspektive betrachtet hat – und man kann kaum schnell genug zu den Seiten vordringen, die dann hoffentlich den regionalen Horizont erweitert.

Nach der Botanik kommt erst noch die Kulturgeschichte. Man erfährt, dass zuerst die bittere Pomeranze über die Seidenstraße nach Westen und mit den Arabern von Indien nach Sizilien gelangt ist. Für das Jahr 1002 gibt es einen ersten offiziellen Nachweis der Frucht auf der Insel. Die süße Apfelsine kam erst später, im frühen 16. Jahrhundert, nach Europa. Portugiesische Seefahrer sollen sie aus China mitgebracht haben, wo sie schon vor mehr als 4000 Jahren kultiviert und offensichtlich lange gut davor geschützt wurde, außer Landes gebracht zu werden. Auch das liest man, trotz des Wartens auf Potsdam, mit Interesse – zumal die schön gestalteten Seiten mit historischen Bildern, Zeichnungen, Fotografien und mit Blüten verzierten Seitennotizen sehr zum Lesen einladen.

Interessant sind auch die mythischen Geschichten über die Apfelsine, die denn nun auch mit königlichen Geschichten der Region verwebt sind. Man erfährt, dass die goldenen Früchte ewige Jugend, Schönheit und Unsterblichkeit versprachen und dass seit dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm die Orangen für Brandenburg als dynastisches Symbol galten: Kein Aufwand schien zu groß, die kostbaren Bäume auch im Norden zu kultivieren und ihnen prächtige Bauten zu errichten.Von den einst knapp 20 Orangerien in Potsdam ist etwa jede dritte erhalten. Das Buch erzählt von den Potsdamer Orten, an denen Orangenbäume standen: im Lustgarten, auf den Terrassen von Sanssouci, sogar auf dem Dach des Stadtschlosses. Es beschreibt historische Kochrezepte und erzählt von der harten Arbeit, die die Gärtner in die kälteempfindlichen Pflanzen stecken mussten, um sie zum Blühen zu bringen.

Ein interessanter Rundumschlag, herausgegeben von Marina Heilmeyer, der zusammenbringt, was man so selten in einem Band gebündelt findet – und tatsächlich den Horizont erweitert. Die Texte sind Fachliteratur, geschrieben unter anderem von Heinrich Hamann (Leiter des Arbeitskreises Orangerien in Deutschland), Katrin Schröder (Gartendenkmalpflegerin in Sanssouci), Carsten Schirarend (Wissenschaftlicher Leiter des Botanischen Gartens der Universität Hamburg). Das bringt allerdings mit sich, dass die Sprache hin und wieder trocken und wissenschaftlich klingt. Doch die Themen sind so klar und übersichtlich gegliedert, dass man sich dennoch leicht durch das Buch liest, das zudem hübsch gestaltet ist, mit schönen Schriften, orangenen Raffinessen und großzügigem Design. Marion Hartig

„Bittere und süße Orangen. Potsdamer Pomologische Geschichten“, vacat Verlag 2005, 103 Seiten, 15 Euro.

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