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Kultur: Kostbar

Die letzte Sommermusik in der Friedenskirche

Stand:

Am Beginn standen die „Biblischen Lieder“ von Antonin Dvorak. Die Worte stellte er während seines Amerika-Aufenthalts selbst zusammen, ganz seinen beabsichtigten Ausdrucksintentionen folgend. Eine persönliche Krise veranlasste den tschechischen Komponisten, 1894 den Zyklus von zehn Liedern zu schaffen. Folkloristische Momente, die man bei ihm in anderen Vokalwerken findet, sind hier nicht die treibenden Kräfte. Die innige Versenkung in die Glaubensaussagen des alttestamentarischen Psalm-Dichters, die auch heute noch von großer Gültigkeit sind, sind A und O der Lieder

Die Leipziger Altistin Susanne Krumbiegel sang die „Biblischen Lieder“, begleitet von Matthias Jacob an der Woehl-Orgel, am Samstag zur letzten Sommermusik dieses Jahres in der Friedenskirche Sanssouci. Die Intentionen der Sängerin, seit vielen Jahren eine immer wieder gern gehörte Solistin von chorsinfonischen Aufführungen des Oratorienchores Potsdam: die Gesänge Dvoraks so einfach wie möglich darzubieten, wie Volkslieder. Und genau das war es, was ihre Interpretation so kostbar machte. Der Zyklus wurde zur Meditation. Jedes Wort und jeder Ton klangen verinnerlicht, wurden schon vorgeformt im Geist, so strömte der warme Gesang dann ganz natürlich durch den sakralen Raum. Das heißt, dass nicht alle Lieder im lyrischen Gleichklang wiedergegeben wurden, sondern da waren durchaus auch dramatische Einwürfe wie beispielsweise in „Wolken und Dunkelheit sind um ihn her“ zu hören. Opernhaftes kam nicht zur Geltung, die aufwühlenden Gebetsanliegen hat Susanne Krumbiegel ganz aus dem Text hergeleitet. Für die Orgelfassung stand der Altistin mit Jacob ein ausgezeichneter Begleiter zur Verfügung. Der wählte angenehm dezente Register, sodass die Singstimme immer im Vordergrund blieb. Durch die verschiedenen Klangfarben des Instruments ergaben sich aber auch immer wieder neue plastische Höreindrücke.

Ebenfalls ursprünglich für Singstimme und Klavier komponiert sind die „Vier ernsten Gesänge“ von Johannes Brahms. In der Friedenskirche erklangen sie mit Orgel in einer geschmackvollen Fassung von Hans Peter Eisenmann. Brahms wählte für die Lieder, die er im Jahr vor seinem Tod 1896 komponierte, Bibeltexte vom Vergehen des Menschlichen und der Eitelkeit alles Irdischen, die erst ganz am Ende einen Hoffnungsschimmer auf die doch überlebende Kraft der Liebe öffnen.

Man musste sich an die Interpretation durch eine weibliche Stimme erst gewöhnen, denn im Allgemeinen werden die Lieder von Bass-Bariton-Sängern dargeboten, auch weil die Register hierbei leichter für Männerstimmen zu beherrschen sind. Susanne Krumbiegel brachten die Lieder fast bis an die Grenzen ihrer stimmlichen Möglichkeiten. Doch glücklicherweise versuchte die Sängerin in ihrer Interpretation, den Gesängen nicht mit einem schweren und pathetischen Predigerton beizukommen, mit dem sie manchmal von ihren männlichen Kollegen gesungen werden, sondern völlig schlicht, von innen her und darum so ergreifend.

Matthias Jacob war nicht nur ein sensibler Begleiter auf der Orgel, er überzeugte auch mit eindrucksvoll meisterlichen Solobeiträgen. Vom Wiener Komponisten und Kirchenmusiker Maximilian Kreuz erklang in einem dichten Satzgefüge ein Kyrie eleison, in reizvoller Farbigkeit das Klanggemälde „Uns ist ein Kind geboren“ aus Olivier Messiaens „Buch vom heiligen Sakrament“ und die mit großen Ausdrucksdimensionen bedachten Werke Max Regers, die Toccata in d-Moll sowie die Fuge in D-Dur. Klaus Büstrin

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