zum Hauptinhalt
Wenn Rumänien tanzt. Dann ausgelassen wie bei „Moving Romania“.

©  pr

Kultur: Kostproben

Heute beginnt „Moving Romania“ in der „fabrik“

Stand:

Rumänischer Tanz ist anders. Da sind sich Laurent Dubost, PR-Manager der „fabrik“ Potsdam, und sein Gast Cosmin Manolescu einig. Der Kulturmanager vom Bukarest National Dance Center erklärt: Die erst junge Szene für zeitgenössischen Tanz, die Schwierigkeiten, mit denen zum Beispiel seine Institution, die einzige mit staatlicher Unterstützung im gesamten Ostblock, wie er sagt, zu kämpfen hat, machten kreativ. Die notgedrungene Einbettung in den politisch-gesellschaftlichen Kontext lasse die Grenze zwischen Privatem und der Situation des Publikums verschwinden. Wie anders der rumänische Tanz wirklich ist, ist ab heute beim Festival „Moving Romania“ in der „fabrik“ zu erleben.

Gut 20 Jahre ist es her, dass sich mit der Revolution in Rumänien neue Möglichkeiten für die freie Tanzszene auftaten. „Aber das ist wieder typisch für unser Land: Etwas wird aufgebaut und dann fällt es zusammen“, erklärt er die gegenwärtigen Probleme des Dance Centers. Sie brauchen dringen neue Räumlichkeiten, nachdem sie aus dem Gebäude des Nationaltheaters ausziehen mussten. Mit nur einem Studio, stundenweise angemietet, muss viel improvisiert werden. Das Ergebnis seien sehr persönliche, berührende Produktionen, Arbeiten, die aufwühlen oder schockieren.

Cosmin Manolescu ist selbst über Umwege zu diesem Genre gekommen und, viel wichtiger, dabei geblieben. Als er mit 13 Jahren an die staatliche Ballettschule Bukarest kommt, gibt es das Genre Moderner Tanz noch nicht einmal offiziell. Aber eine Wochenstunde Unterricht innerhalb seiner klassischen Ausbildung genügt dem Eleven, seine Begeisterung für diese Kunst zu entdecken. Trotz Diplom als Balletttänzer geht er nicht an die Oper, hält sich mit diversen Engagements über Wasser, gründet vor 13 Jahren eine private Stiftung, um Projekte, Festivals und Residenzen zu organisieren und fördern. Die gegenwärtige Zusammenarbeit mit Potsdam, die erste Werkschau in Deutschland überhaupt, zeigt, dass die junge, aufstrebende Szene da ist, dass längst nicht alle Abgänger der staatlichen Schule ins Ausland gehen, sondern vielmehr an einem regen Austausch interessiert sind.

Das Festival „Moving Romania“ in der Fabrik zeigt fünf Produktionen der Rumänen, die einen Eindruck von der rumänischen Szene vermitteln. Wer die ganze Bandbreite erleben will, dem sei ein kompletter Abend mit jeweils drei Vorstellungen empfohlen, sagt Dubost. Manulescus Stück „Supergabriela“ ist am Freitag zu sehen, ein Höhepunkt des Festivals, nicht nur wegen seiner Länge von über einer Stunde. „Manchen mag verstören, was er sieht“, sagt Dubost, und der Choreograph ergänzt: „Was das Publikum will oder erwartet, interessiert uns nicht. Entweder es geht mit – oder nicht.“ Der radikale Ansatz, eine Produktivität, geschuldet der Krise? Zumindest „Supergabriela“ erzählt eine sehr persönliche Geschichte, Manulescu verarbeitet hier den Verlust seiner Frau und Managerin, die vor zwei Jahren an Krebs verstarb. Während den ersten Teil zwei Personen bestreiten, ist er selbst im zweiten auf der Bühne, allein mit seinen Emotionen, seinem schmerzhaften Verlust. Wie sehr sich die Zuschauer diesem hingeben und öffnen, überlässt er jedem einzelnen. Gleich am Eingang würden allen die Augen verbunden, jeder werde an die Hand genommen und zu einem Platz, übrigens auf der Bühne, geführt. Den Zeitpunkt des Abnehmens des Tuches bestimme jeder selbst.

„Es gab schon Zuschauer, die das komplette Stück unter dem Tuch erlebt haben“, sagt Manulescu. Grundsätzlich gehöre für ihn das Publikum zur „Landscape“, zur Landschaft, in die er sein Stück einbette. Improvisation, wie auch im Alltag der Tänzer in Bukarest gefragt, sei ein wichtiges Arbeitsmittel. Ergänzend zu den Stücken werden eine Videoinstallation über die Tanzszene sowie eine Podiumsdiskussion „Are we ready?“ angeboten. Nicht ohne Grund ist das Festival mit einem zweifach auslegbaren Namen betitelt. „Moving Romania“: das sich bewegende Rumänien oder eine Aufforderung zum Dranbleiben? Steffi Pyanoe

„Moving Romania“ beginnt am heutigen Donnerstag, 19 Uhr, in der „fabrik“ in der Schiffbauergasse. Weitere Informationen zum Programm unter

www.fabrikpotsdam.de

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })