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Kultur: Kraft und Zerbrechlichkeit O Vertigo aus Montreal zu Gast in der „fabrik“

Wenn man in Europa ist, sagt Linette Laurin, kommt man an Potsdam nicht vorbei. Auch und ganz besonders als Choreografin einer Tanzkompanie.

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Wenn man in Europa ist, sagt Linette Laurin, kommt man an Potsdam nicht vorbei. Auch und ganz besonders als Choreografin einer Tanzkompanie. 1984 gründete die heute 58-jährige Kanadierin in Montreal O Vertigo, jetzt ist sie zum zweiten Mal zu einem Gastspiel in der „fabrik“.

Potsdam hat sie sich als Ort für die Premiere ihres Stückes „Le Petit Formes“ ausgesucht, nicht etwa Paris, eine weitere Station ihrer Tour. „Potsdam ist in der kanadischen Tanzszene ein Begriff, besonders in Montreal“, sagt sie gegenüber den PNN. Außerdem fühle sie sich hier sehr wohl, sie schätze die Nähe zum Publikum, wie sie die Intimität der „fabrik“ erlaubt.

Dort wird dem Besucher am Freitag und Samstag eine Art „Best of“ der vergangen 20 Jahre von O Vertigo präsentiert. Ein bisschen Hintergrundwissen kann hier vorteilhaft sein: Vertigo ist der Name einer Pferdekrankheit, die die Tiere nervös und hibbelig macht. Weil sie als zappeliges Kind von ihrer Mutter damit geneckt wurde, dass sie bestimmt Vertigo habe, nannte sie später ihre Tanzkompanie danach. Vibrierende Körper, schnelle Bewegungsabfolgen und ein extrem sensibler Umgang mit Musik und Emotionen sind folglich die Markenzeichen von Ginette Laurin.

Zehn Tänzer stehen jetzt in wechselnden Formationen für die „Kleinen Stücke“, die „Les Petit Formes“, auf der Bühne. Mit den fünf sehr unterschiedlichen Sequenzen, Ausschnitten aus früheren Stücken, will die Choreografin die ganze Bandbreite zeigen, mit der sich Bewegung ausdrücken und darstellen lässt. Manchmal geschieht das auf eine sehr formale Weise, manchmal eher theatralisch, manchmal im Duett. Sie will die Zerbrechlichkeit, aber auch die Kräfte des menschlichen Körpers zeigen. „Ich erforsche die Kräfte, ich arbeite damit und nutze sie, um sie in Bewegungen zu verwandeln“, sagt Ginette Laurin.

Jedes der fünf Stücke hat einen eigenen Namen, um auf den eigenen Schwerpunkt hinzuweisen: Hinter „Luna“ steht die Idee, dass alle, Planeten, Atome und auch Körper, sich letztlich in Kreisen bewegen. Für die Entwicklung des Stückes hatte Ginette Laurin sogar einen Astrophysiker konsultiert. „La vie qui bat“, etwa „Das schlagende Leben“, ist ein stark rhythmusbetontes Stück zur Musik von Steve Reich. „Déluge“, die Überschwemmung, spielt mit dem Milleniumswechsel und der Katasprophenphobie, „Passaré“, „Vorübergehen“, mit dem Hinterlassen von Spuren. Für „Étude #3“ ließ sich Ginette Laurin von einem Samuel Beckett-Stück inspirieren. Steffi Pyanoe

„Les Petit Formes“ am heutigen Freitag und morgigen Samstag jeweils um 20.30 Uhr in der „fabrik“ in der Schiffbauergasse

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