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Kultur: Kramen in Fächern

Heidrun Holke im Kunstcafé Labendig

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Die Arbeiten sind verstörend und doch für den Raum wie gemacht. Heidrun Holkes „Kramen in Fächern“ fördert im warmen Orange der Wände zerlegte Erinnerungen zu Tage. Was vielleicht irgendwann einmal zusammenpasste, entzieht sich nunmehr der sittsamen Ordnung. In einem „Setzkasten“ befinden sich die herausgelösten, abgesonderten Teile eines Körpers: Augen, Arme, Mund sind ihres Ursprungsortes beraubt, nur durch ein Rahmen noch einander zuzuordnen. Daneben hängt der Torso eines Frauenrückens - ebenfalls eingepasst in einem Bilderrahmen. Doch eine Vielzahl weißer Hände liegen auf diesem dunklen Rahmen, greifen nach der nackten Haut. Das ist auf dem ersten Blick bedrohlich und doch nicht in letzter Konsequenz so fühlbar. Denn die Finger sind weich und unentschlossen, scheinen nicht wirklich den Körper in den Griff bekommen zu wollen.

Diese plastischen Objekte der Potsdamer Künstlerin Heidrun Holke sind ein spannendes Weitertreiben ihrer gemalten und gezeichneten expressiven Werke. In diesen Bildern gibt es die Frau noch ganz, wenn auch kantig und schroff. An dem langen, dünnen Körper der fast androgyn wirkenden Frau heften sich Kästchen wie Saugnäpfe. Auf einem anderen Bild sitzt sie auf einem Schränkchen mit aufgezogenen Fächern. Sie würdigt sie keines Blickes, passt in keine dieser Schubladen hinein. Statuenhaft, undurchdringlich wirkt diese Figur. Die scharfe schroffe Linie, die ihren Körper umzieht, ist wie eine Schutzschicht, und auch die schmalen Augen, das eckige Kinn und die aufgeworfenen Lippen sprechen von ihrer inneren Distanz zur Außenwelt. Fast zärtlich schmiegt sich daneben die liegende Frau auf eine kalte Mauer. Doch auch diese Suche nach intimer Nähe wird gebrochen: ein distelförmiges Gewächs droht krakenartig ihren Leib zu überwuchern. Da bleibt dem traurigen König neben ihr wohl nichts weiter übrig, als beseelt ins Horn zu blasen: man hört eine sanfte Melodie voller Melancholie. Heidi Jäger

Zu sehen bis Mitte September im Kunstcafé Labendig, Kurfürstenstraße 14. Am 27. Juli um 21 Uhr spielen dort „Vier Hände“ Jazz auf dem Klavier.

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