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Von Klaus Büstrin: Kreativ und lustvoll

Die neue Reihe der Kammerakademie Potsdam „KAP modern“ beginnt am Donnerstag

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In den vergangenen 100 Jahren haben Komponisten eine fantastische Skala an musikalischen Sprachen erfunden. Beispielsweise atonale und serielle Systeme, Zwölftonmusik und Minimal Music. Sprachen, die man vielleicht nicht immer gleich verstehen kann. Im Jahre 1913 schockierte Igor Strawinskys „Le Sacre du Printemps“ noch die Welt mit einer Explosion von neuen Tönen. Heute versteht man seine Sprache bestens. Die Kammerakademie Potsdam will die Entwicklung von neuer Musik in ihrem Repertoire wieder stärker verfolgen und begleiten, denn auf die Musiker und Hörer warten viele aufregende Partituren aus der Gegenwart und der direkten Vergangenheit.

„Hier und Jetzt! KAP modern 2008/2009“ heißt die neue Reihe, die am Donnerstag im Foyer des Nikolaisaals beginnt. Damit will das Orchester der Stadt eine Tür ins oftmals Unbekannte öffnen und sich mit seinem Publikum in ein großes Abenteuer begeben. Vier Konzerte sind zunächst vorgesehen, Konzerte, die einen kleinen Einblick in die derzeitigen Musiktendenzen erlauben, von  Kammermusik bis zum Film-Livekonzert.

Der gebürtige Münchener Kontrabassist Tobias Lampelzammer, der jahrelang im Gewandhausorchester Leipzig musizierte, hat das erste Konzert konzipiert. Er steht neben Friedemann Werzlau, Schlagzeug, Bettina Lange, Flöte, Tatjana Schütz, Harfe und Cornelia Friederike Müller, Live Elektronik, auf dem Podium. „Fernöstliche Impressionen“ ist das Motto des Auftakts. Und es reiht sich ein in den Veranstaltungszyklus von „Zukunftslabor – Kulturdialog in Brandenburg“.

„Nicht nur intellektuell soll das Konzert sein, sondern kreativ und lustvoll“, sagt Tobias Lampelzammer. Im Mittelpunkt stehen Werke des Italieners Giacinto Scelsi (1905-1988). Er hatte eine große Neigung zu shärischen Klängen, improvisierte auf dem Klavier die Musik und nahm sie auf Tonband auf. Anschließend wurden sie von unbekannt gebliebenen Komponisten in Notenschrift umgesetzt. Giacinto Scelsi hatte innere Beziehungen zu Ostasien. Er glaubte an die Reinkarnation. „Seine Musik ist von tiefer innerer Ruhe, meditativ. Ich glaube, der Zuhörer wird sich beim Hören entspannen, er kann loslassen von jeglicher Zielfixiertheit“, so der Musiker. Von den 900 Werken Scelsis stehen fünf auf dem Kammerakademie-Programm. „Ich versuche auch immer wieder, die Musik des Italieners, der ja als ,großer Unbekannter gilt, in meinen Soloprogrammen aufzunehmen. Sie ist für mich auch persönlich eine große Bereicherung“, erzählt Tobias Lampelzammer.

Von John Cage (1912-1992), dem US-Amerikaner, hat Lampelzammer ebenfalls ein Werk ausgewählt. Sein Stück „Ryoanji“ für Kontrabass, Schlagzeug und Elektronik, das auch mit dem Konzertraum klanglich „spielen“ soll, ist nach einem Besuch des Zen-Gartens Ryoanji in der japanischen Stadt Kyoto entstanden. Schon allein die Partitur Cages ist ein Kunstwerk, wie ein Bild. Er legte Steine aus diesem Garten auf das Notensystem mit ihren Glissando-Linien und umkreiste mit einem Stift deren Umrisse auf dem Papier. Es wird von Reiz sein, Werke der anderen Komponisten zu hören und sie mit Scelsi und Cage zu vergleichen, Musik von  Iannis Xenakis, Kazuo Fukushima und Isang Yun. Bei „Hier und Jetzt! KAP modern 2008/09“.

Konzert am 9. Oktober, 20 Uhr, Foyer Nikolaisaal

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