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Gescheucht in den Schutz der Schatten von Andreas Rössiger.

© Galerie Ruhnke

Kultur: Kühl und grau

Andreas Rössigers Arbeiten in der Galerie Ruhnke

Stand:

Besucher sind dem Galeristen Werner Ruhnke natürlich auch unter der neuen Adresse in der Charlottenstraße willkommen. Wer Einlass begehrt, muss freilich klingeln. Wird ihm geöffnet, steht einem der Hausherr selbst gegenüber, ein glühender Verehrer „moderner Gegenwartskunst“! Sie nämlich gewähre Wahrnehmungen, die er „nur durch Bilder bekommen kann“, so Ruhnke. Trotzdem hat er beim herbstlichen Umzug den altchinesischen Spruch „Das Sichtbare bildet die Form eines Werkes. Das Unsichtbare macht seinen Wert aus“ nicht vergessen. Dergestalt präpariert, wird ein Rundgang durch die rein geweißten Räume mit dem modernen Bildgut des Berliner Künstlers Andreas Rössiger, Jahrgang 1952, zu einer künstlerischen Bildungsreise in die Gegenwart, und zwar mit Aha-Effekt!

Erster Eindruck: Die Gegenwart ist kühl, strukturell, trägt gedeckte Farben, deutet mehr an, als sie zeigt, oder verdeckt, was sichtbar sonst wird. Sie braucht erklärende, hier sehr gut formulierte Wegweiser oder Titel, etwa: „Umzüngelte Schutzmantelweise“, „Leichter Flug“, „Für eine Gelegenheit gebogen“ oder „Bis hierher und nicht weiter“, wobei Bild und Unterschrift keinesfalls kongruenzbereit oder -fähig sind. Formal ist von der Kohlezeichnung über Mischtechnik und Collage bis zum Öl alles dabei.

„Großes Blaufeld“ zeigt ein großes Blaufeld mit Goldbronze-Spitzen, Zement, Kies, Acryl und Öl geben das Material. „Blechformfarben“ einen 21-farbigen Aufdruck aufs Zinkblech, sein schwarzfarbenes „Kreuz“ ist die personifizierte Bedrohung. Was Rössiger als Struktur darstellt, erinnert stark an den Blick in ein Mikroskop, an Mikrogefüge. Also scheucht er den Betrachter „in den Schutz der Schatten“, ins Reich mehr oder weniger gelungener Karton-Collagen voller Grau. Ein zweiter Blick aber zeigt sie dann deutlich, die Wirklichkeit im Bildwerk des Berliners selbst: Im Auge des Betrachters wird sie sichtbar als Collage, Farbfeld, Zinkaufdruck, Zement. Geistesblitz und Menschen-Schemen inklusive. Toll, hier sucht Kunst nicht Schönheit, sie sucht nach Wahrheit. Gerold Paul

Die Ausstellung ist noch von Donnerstag bis Sonntag, jeweils von 14 bis 18 Uhr, in der Galerie Ruhnke, Charlottenstraße 122 zu sehen

Gerold Paul

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