Kultur: Kühle Formen
Tinka und Jürgen Scharsich sowie Dirk Motzkus zeigen im Pavillon auf der Freundschaftsinsel ihre „Fragmente“
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Vielleicht hat der Fachbereich Kultur und Museum diese drei Künstler ähnlicher Mentalität mit voller Absicht zum Herbstbeginn in einer Ausstellung zusammengeführt. Man möchte es meinen, denn die Potsdamer Tinka und Jürgen Scharsich sowie der Berliner Bildhauer Dirk Motzkus scheinen zumindest ästhetisch wahlverwandt, wie die Gemeinschafts-Schau „Fragmente“ im Pavillon der Freundschaftsinsel zeigt.
Während der Skulpturist überwiegend Werke in Eisen zeigt, gibt sich Tinka Scharsich merkwürdigerweise als „Flächengestalterin“ zu erkennen, ihr Gatte ist Maler. Alle drei sind Anfang der sechziger Jahre geboren, alle haben wohl irgendwie „berufliche Umwege“ gemacht, bevor es sie ins Künstlerische zog. Der Ausstellungstitel bindet sie um ein drittes zusammen – und damit auch ihre Werke, deren Präsentation vorab schon mal zu loben ist.
Eigentlich haben all ihre Arbeiten mehr oder weniger mit den Grundbegriffen „Fragment“ und „Materialästhetik“ zu tun. Nichts Neues, der erste stammt aus dem 18. Jahrhundert, der andere aus dem zwanzigsten, es sind die Säulen der Moderne. Fragment ist, was sich vollständig nicht darstellen lässt, das zweite stellt das Material mit einer künstlerisch möglichen Aussage zumindest auf Augenhöhe.
Die Hausschilder „Nr. 2“ und weitere von Tinka Scharsich zeigen das Montageverfahren gut an: eine horizontal gegliederte Bild- und Farbfläche stehen diese rostigen Dinger gleichsam im Zentrum. Kalte Melancholie. Auch in den Collagen „Seefahrt“ und „Strandpromenade“ fügt sie mit Farbe und Stahl artfremde Dinge zusammen, sonst übernehmen Jute, Draht oder Wellpappe die Botendienste ihrer Kunst. Keine ganz neue Technik – es kommt hier allein auf „die Aussage“ an, und die wird dem Betrachter belassen.
In verschiedenen Formaten und Techniken präsentieren sich die Arbeiten von Jürgen Scharsich. „Scholle“ und „Wasserfall“ demonstrieren seinen Proporz von freier Fläche und Thema, in „Profil“ und „Stadtrelief“ versucht er, Raumtiefen zu finden, teils mit Spachtelung, teils mit einem Negativ-Verfahren, wie beim Druck.
Unruhige, teils sogar rissige Oberflächen („Nebel“) oder mit Sanden vermischte Farben („Gluthimmel“) sowie Brüche, Verwerfungen in der Bildstruktur zeigen die Denkart des Malers an. Von dem gegenständlich-kraftfarbenen Bild „Barth“ abgesehen, bevorzugt er matte, gedeckte Töne, wie Tinka Scharsich auch. „Auerochs“ betont das Fragmentarische, „Gassenbruch“ die Struktur. Erosion, Vergängliches, Teilweises. Er scheint von außen nach innen zu malen, es sind sehr kühle, oft leblose Formen. Draußen indes, wie zum Kontrast, übt sich der Herbst in kräftigen, letztbunten Farben.
Neben einigen Arbeiten in Sandstein, deren Paarsinn die Phantasie vielleicht auf den Sprung helfen muss, findet man bei Dirk Motzkus Skulpturen aus rohem Stahl oder Eisen. Die fünf Miniaturen „ohne Titel“ scheinen ganz Umriss zu sein, sie bedeuten, was man hineinliest, sehr hübsch. Anderes ist oft mannshoch. Witzig, wie er den Kleinwuchs Napoleon als Langbein darstellt, der scharf gewinkelte „Schnitter“ erinnert an den Bogenschützen, „In Bewegung“ wirkt fast monströs. Stets wird das Material provozierend betont, Rost ist fast immer dabei, die Vergänglichkeit. Sogar der „Engel“ hat Mühe, zu fliegen.
Manchmal fehlt es auch an Eleganz, an Details, doch wie auch immer, es stellt sich Zwiesprache ein im „Eisernen Zeitalter“, jetzt.
„Fragmente“: Zu sehen bis zum 19. Oktober, zu sehen mittwochs bis sonntags von 12 bis 18 Uhr, im Pavillon auf der Freundschaftsinsel.
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