Kultur: Kunst als Lebenselixier
Zwanzig Jahre betreibt Traudl Bauscher eine Galerie: Zunächst „unterm Arm“, jetzt im Adenauer-Haus
Stand:
Täuschend echt mischen sich Aiga Müllers Geschirrtücher aus bemaltem Zinkblech unter die gewöhnlichen Alltagsrequisiten aus kariertem Baumwollstoff. In diesem scheinbar harmlosen Küchendetail ist im Grunde die ganze Wahrheit verankert, die sich real auf insgesamt vier Stockwerken verzweigt. Das persönliche Credo, dass Kunst und Leben, Leben und Kunst eine unzertrennliche Einheit bilden, wird von der Hausherrin mit aller Konsequenz in die Tat umgesetzt. Ihr Haus ist großzügig mit Kunst bestückt: vom Souterrain bis unters Dach. Seit 15 Jahren residiert Traudl Bauscher hier inmitten von Kunst. Nach Jahren eines stilvoll kultivierten Rotationssystems mit Kunst ging die gebürtige Oberpfälzerin im leer stehenden Konrad-Adenauer-Haus in der Babelsberger Rosa-Luxemburg-Straße mit ihrem bis dahin mobilen Galeriegeschäft vor Anker.
Denn, als Traudl Bauscher im November 1993 an dem geschichtsträchtigen Ort ihre erste Ausstellung eröffnete, blickte sie bereits auf fünf Jahre Galerieerfahrung zurück. Begonnen hatte alles im Jahr 1988 mit der pfiffigen Geschäftsidee einer „Galerie unterm Arm“. Heute schmunzelt die gestandene Galeristin – freilich nicht ganz ohne Stolz – in Erinnerung daran, wie sie sich mit Kunstmappen ihren Weg in Anwaltskanzleien, Ingenieurbüros und Arztpraxen bahnte. Eigene Räumlichkeiten kamen für die Unternehmerin zum damaligen Zeitpunkt zunächst einmal nicht in Frage. Ihr Konzept einer wandernden Galerie machte sich bewährt. Durch ihre überwiegend in Berlin präsentierten Wechselausstellungen wurde Traudl Bauscher vor Ort schnell bekannt. Mit der Kunst im Handgepäck waren die Originale bei dem einen oder anderen Hausbesuch ohne viel Aufhebens effizient an den Mann oder die Frau gebracht. Viele Kunden, die auf diese Weise zu Kunstsammlern wurden, halten der unverändert mit Verve für die Kunst werbenden Galeristin seither die Treue. Angesichts des Besucheransturms bei dem unlängst stattgefundenen Fest aus Anlass des zwanzigjährigen Galeriebestehens war das geräumige Haus von Traudl Bauscher an den Rand seiner Kapazitäten gebracht. Mit 228 Exponaten von 31 Künstlern, die mittlerweile zum festen Stamm der Galerie gehören, stellte sich die Galeristin mit der Eröffnung ihrer 88. Ausstellung vor mehr als 500 Augenpaaren eine respektable Visitenkarte aus. Ihre Jubiläumsausstellung gibt einen Querschnitt durch das nach vielen Seiten offene Programm der Galerie. Ob abstrakt oder gegenständlich, ob Malerei oder Skulptur, ob Ost oder West: an derlei Festschreibungen hält sich Traudl Bauscher nicht lange auf. Ausgestellt wird, wer ihrem Urteil standhält, wenn es um Fragen der Qualität und künstlerischen Eigenständigkeit geht, unabhängig von Alter, Herkunft, materieller und stilistischer Vorlieben. Die meisten „ihrer“ Künstlerinnen und Künstler begleitet Traudl Bauscher schon seit vielen Jahren. Und wo immer der Platz reicht, gewährt sie ihnen auf ihrem Grundstück in einer ehemaligen DDR-Baracke, die längst als Atelierhaus dient, gerne die Möglichkeit künstlerisch zu arbeiten.
Der frisch gebrühte Kaffee, den Traudl Bauscher am liebsten aus geblümten Tassen im Terrinenformat serviert, ist noch nicht geleert, als das Aha-Erlebnis in der Küche einen wieder einholt: Ohne die Kunst wäre sie, die vor ihrem Leben als Sammlerin und Galeristin selbst Kunst gemacht hat und noch viel früher, in ihrer Kindheit, in aufmüpfigen Momenten allein mit einem Malstift zu besänftigen war, definitiv nicht die, die sie heute ist! Sie bringt es selbst auf den Punkt: „Kunst war schon immer mein Lebenselixier“.
Gerne ist man geneigt sich auszumalen, wo die Galerie Bauscher möglicherweise in zehn Jahren steht. Der Ort, an dem Traudl Bauscher ihre Kunst zeigt, dürfte auf lange Sicht nicht das Zünglein an der Waage sein. „Es geht mir immer um die Kunst“, sagt sie. Von Babelsberg aus hält sie sich mitsamt ihrer Galerie auch in Zukunft alle Wege offen, auch für Gastspiele außerhalb Potsdams.
„20 Jahre Galerie Bauscher“. Bis 28. 8. Öffnungszeiten: Mi bis Fr 12-18 Uhr. Sa 12-16 Uhr. Galerieferien: 23.07.-13.08.
Almut Andreae
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: