Kultur: Kunst als Verständnisstifter
Die Ausstellung „Dialog der Religionen“ wird morgen im Alten Rathaus eröffnet
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Das „Om“ steht in manchen Religionen für den transzendenten Urklang, aus dem das gesamte Universum hervor ging. Der Buddhist und Zen-Meister Kokugyo Kuwahara hat seinen großen Pinsel in die schwarze Tinte getaucht und in der Zeit, die zwischen Atemholen und Ausatmen bleibt, all seine Energie in den fast kreisrunden Bogen gesenkt, der jetzt im Alten Rathaus als „Om“ an der Wand hängt. Daneben umrahmen die „Menora-Bilder“ zwei „Mankind“-Arbeiten von Rachel Gordin aus Israel, in die man auch den Holocaust hineinlesen kann. Gegenüber befinden sich traditionelle Kalligraphien von Ahmed Albari aus Damaskus, und dazwischen wiederum Arbeiten von Künstlern mit christlichem Hintergrund.
Das Alte Rathaus öffnet am Sonntag seine Pforten für einen groß angelegten „Dialog der Religionen“, bei dem die Kunst den Pfad der Versöhnung und Toleranz eröffnet, aber nicht alleine reden soll. Das werden Vertreter der großen Religionen und Schirmherr Jan Jakobs bei der Eröffnung im Rahmenprogramm tun.
Selbst der Papst hat sich im letzten Jahr in den Streit der Religionen eingeschaltet und wenig freundliche Worte über Mohammed verloren. Er entschuldigte sich dann zwar, aber dieses Ereignis zeigte, dass sich die Religionen immer noch schwer tun mit dem friedlichen Dialog. Da wird häufig wenig Respekt vor dem anderen Glauben gezeigt, und dass die Weltgeschichte als eine Geschichte der Religionskriege und -krisen gelesen werden kann, ist schade, aber wahr. Da muss man gar nicht vom 11. September 2001 reden. Dass es auch anders geht, und dass Künstler aus unterschiedlichen Religionen zu einem Vielklang der Stimmen und Statements friedlich zusammenfinden können, zeigt jetzt diese Ausstellung. „Dialoge eröffnen – Religionen begegnen sich“ heißt programmatisch positiv die Schau mit Werken von 21 Künstlern, mit der ein Toleranz-Fenster auch in Potsdam aufgestoßen werden soll. Nicht das provokative Element, das der Kunst häufig eigen ist, wurde von den Ausstellungsmachern Edita und Jürgen W. Schäfer zum Prinzip erkoren, sondern die Versenkung in die eigenen Traditionen, die, auch das ist altbekannt, oft von der gleichen Faszination der Transzendenz oder der ihr zugrunde liegenden Texte ausgehen.
Da werden Suren aus dem Koran direkt mit Gemälden, die nach einer Bibelstelle gefertigt wurden, konfrontiert, aber nicht, um sogleich wieder den Streit des „mein Gott ist besser als dein Allah“-Fantismus vom Zaum zu brechen, sondern eine Plattform gegenseitigen Verständnisses zu schaffen. Der Besucher erhält eine Information, die ihn durch die thematisch geordneten Sequenzen führt. „Segen und Zuversicht“ heißt die erste Station, „Anfang und Beginn“ die nächste, „Kreativität. Träume und Visionen“ eine weitere. Da hängen die Visionen einer möglicherweise besseren Welt des Bad Wimpfener Künstlers Gereon Schatten, und entgegen seines Namens sind sie licht, pastell und heiter. Ali Yadegar-Youssefi lässt die arabischen Schriftzeichen flimmernd farbig werden und nutzt ikonographische Muster wie die „Hand der Fatima“, um im Bilderverbot doch noch ein Bild zu kreieren, das eigentlich keins sein darf. Rosemarie Vollmers „Engelsspuren“ zeigen auf starkrotem Grund weiße Möglichkeiten der beflügelten Wesen, und diese werden kommentiert von traditionellen Schriftmalereien aus der arabischen Welt. Auffällig ist, dass die Frauen aus der christlichen Tradition, das heißt also aus der weitgehend emanzipierten Welt, relativ stark vertreten sind, eine Muslimin ist dabei und keine Buddhistin. Nur wenige Skulpturen begleiten die Bilder, so „Kain und Abel“ von Michaela Fischer, wo man nicht erkennen soll, wer jetzt welcher der Brüder ist. Diese Plastik könne man nur im neutralen Raum aufstellen, in einem muslimischen Zentrum verbiete sich das wegen des Abbildverbots, sagte Jürgen Schäfer und wies noch einmal darauf hin, dass das Prinzip der Ausstellung der Respekt der Religionen voreinander und nicht die gegenseitige Provokation sei. Hoffen wir, dass dieses Beispiel Schule machen wird.
Lore Bardens
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