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Kultur: Kunst am Kreuzweg

Die „Collectione Presente et Perfecte“ der Kunstschule Potsdam hinterfragt den „Himmel auf Erden“

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Die „Collectione Presente et Perfecte“ der Kunstschule Potsdam hinterfragt den „Himmel auf Erden“ Von Brigitte Seidig Pferdewiehern im Glühwürmchenwald. Ein Knappe mit Schild, der seinem Kreuzritter vorauseilt. Hinter einem leuchtenden Fahnenzug sieht man ihn verschwinden. In der Ferne läuten Glocken, ertönt Radiowerbung. – Radiowerbung? Es ist der 2. Juli anno 2005. Die Teilnehmer des Sommerprojektes der Kunstschule Potsdam begeben sich auf eine Prozession, im Rahmen des Themenjahres „1000 Jahre Christentum - Der Himmel auf Erden“ des Kulturlandes Brandenburg e.V. Hier im Schlosspark von Siethen zeigen sie beim Rundgang die Ergebnisse ihrer sechstägigen Arbeit, begleitet von den Klängen des Potsdamer Komponisten Michael Schenk. Über 70 kunstseidene Fahnen, Fähnchen und Folien-Banner, Ritter- sowie Knappenkostüme mit Standarten, Schildern und Pferdedecken sind entstanden und bilden nun die Ausstellung „Signo-Collectione Presente et Perfecte“. Eine experimentelle Sammlung christlicher und nicht-christlicher Zeichen aus Gegenwart und Vergangenheit, deren verwirrende Anspielungsfreudigkeit die versteckte Wahrheit so mancher Schein-Widersprüche aufblitzen lässt. Wie zum Beispiel, wenn der goldene Löwe auf dem schwarzen Schild des verschwundenen Knappen das Wappen eines Kreuzzüglers zu sein scheint, und gleichzeitig dem Peugeot-Löwen täuschend ähnlich sieht. In wessen Namen wird dieser Kreuzzug geführt? Kirche oder Kommerz? Kirche als Kommerz? Kirche und Kommerz? Die Frage ist die Antwort. Das Spiel mit den Symbolen fällt keine Urteile. Es weiß mehr als es vorgibt, aber nicht genau. Man muss selbst sehen und entscheiden. Der Prozessions-Zug endet auf einem Waldhügel des Geländes. 34 Jugendliche, mehrere Kunstschullehrer und Heimerzieher, ein Komponist und drei Pferde haben daran mitgewirkt. Nun ordnen sie sich neu, um gemeinsam mit den Besuchern die Eröffnung der Ausstellung durch Kulturministerin Johanna Wanka mitzuverfolgen. Eine Fahne, die bisher eingerollt blieb, wird gelüftet. Sie zeigt das von Bäumen und See umrahmte Siethener Jugendheim Heinrich Zille. Es ist das Abschiedsgeschenk der Kunstschüler, die hier schon zum vierten Mal zu Gast sind. Freudige Gesichter unter den Baumkronen. Und Lob, auch in der Rede Wankas, die vor allem die Zusammenarbeit mit Kindern und Jugendlichen unterschiedlicher Länder hervorhebt. Das Projekt am Kreuzweg der Nationen. Das Büffet ist freigegeben. Die Ausbildungsküche des Jugendheimes versorgt Künstler und Gäste mit einem „Abendmahl“ und Wein. Am See, unter Sternen und Feuerwerk, klingt der Abend aus. Die Pferde schlafen längst. Fahnenträger, Ritter und Knappen sitzen aber noch lange zusammen. Zu sehen sind die Arbeiten vom 8. 9. bis 15. 10. in der Friedrich-Naumann-Stiftung, Babelsberg, Karl-Marx-Straße 2.

Brigitte Seidig

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