Kultur: Kunstreiche und schlichte Krippenspiele
Manfred Hausmanns Dichtung in der Bornstedter Kirche / Komposition von Joseph Haas in der Erlöserkirche
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Manfred Hausmanns Dichtung in der Bornstedter Kirche / Komposition von Joseph Haas in der Erlöserkirche „Dies Spiel ist für den Raum der Worpsweder Kirche geschrieben. Es wird aber nicht schwer sein, bei einer Darstellung auf einem anderen Schauplatz den äußeren Gang des Spiels mit neuen Gegebenheiten in Einklang zu bringen.“ Manfred Hausmann (1898-1986), der Dichter und Prediger, hat sein Worpsweder Hirtenspiel für die Gemeinde im norddeutschen Künstlerdorf 1942 geschrieben, in einer Zeit, als friedliche Zeiten noch nicht in Sicht waren. „Die große Finsternis ist geschehen weit über die ganze Menschenwelt“, lässt Hausmann einen seiner Hirten im Spiel sagen. In der Bornstedter Kirche hatten Gemeindeglieder unter der Leitung der emeritierte Pastorin Christa Schröder den Mut, das in unsrerer Gegend kaum aufgeführte Hirtenspiel aufzuführen, in zwei Veranstaltungen mit erfreulicher Besucherresonanz. Der Dichter hat ein sehr ernstes Spiel geschrieben. Von kindlicher Heiterkeit und von einem selig dahinschmelzendem Text ist da selten etwas zu spüren, mehr von ehernem Pathos, das sich mit dem Herben norddeutscher Emotionalität mischt. Hausmann ist ein wortgewaltiger Schriftsteller. Seine Verse sollten so schlicht wie möglich gesprochen werden. Laienspieler und -sprecher haben hin und wieder ein unverkrampftes Verhältnis zu dieser Art Sprache, manche finden keinen Zugang zu ihr. Die Mitwirkenden in Bornstedt, darunter vier Bewohner des Asylbewerberheims in der Kirschallee, gaben sich alle erdenkliche Mühe, um die Klarheit, Dichte und Gehämmertheit Hausmann’scher Verskunst zu sprechen. Nach einem „Anlauf“ fanden vor allem die drei Hirten, die die Hauptrollen spielten (Ingo Brose, Yoham-Panton Ke’ngum, Mirko Weckwerth) zu einem ganz natürlichen und lockeren Zugang zur Sprache. Ein jeder soll bestrebt sein, schreibt Hausmann „sich gleichsam durchsichtig zu machen, damit man durch ihn hindurch das erblickt, worauf hingewiesen wird.“ Die Darsteller der Hirten, der Könige, von Maria und Josef, der Engel mit holzschnittartigen Spiel, die Instrumentalisten im Hintergrund und die Organistin auf der Empore – sie alle hatten mit großem Ernst und innerer Freude den Zuschauern ein Krippenspiel nahe gebracht, das zum Nachdenken führte. Klaus Büstrin „Christnacht“ Langgewandet in Weiß, Braun und Grün standen die Kinder und Jugendlichen der Babelsberger Singschule und des Kinderchores der Erlöserkirche am Vorabend des 4. Advents bereit, das Weihnachtsliederspiel „Christnacht“ sich selbst und den Gästen der Erlöserkirche wiederzuentdecken. Joseph Haas (1879 - 1960) hatte aus dem Erbe Tiroler und bajuwarischen Liedgutes eine Art Krippenspiel für kleine Orchesterbesetzung zusammengestellt, das sich so ganz in der Tradition volkstümlicher Lesart weiß, ideal für eine umtriebige Singgemeinschaft wie die von Christa Bleyl geleitete. 1967 hatte sie diesen Haas, op. 85, in Berlin schon einmal aufgeführt, dann war Stille. Eine neue Form also für diese Gegend. Unter ihrer Federführung wurde dieses „deutsche Weihnachtsspiel“ mit Phantasie und Liebe einstudiert, wobei auch ehemalige Singschüler halfen: Manuel Stephan gab von der Kanzel aus die überleitenden Evangelistentexte (gereimt), Annika Ludwig sang die Parts des grüngewandeten Erzengels in einer Aufführung, die mehr „Sing“ als Spiel war. Getreu der Weihnachtsgeschichte teilt es sich in „Erwartung“ und „Anbetung“, auch wenn Haas mal ein Maienlied aus dem Oberinntal einschiebt. Joseph und Maria wurden von zwei jungen Damen (Marit Walther, Juliane Koll) verkörpert, obwohl auch einige Jungen in dem sangesstarken, sehr klaren Chor zu sehen waren. Vielleicht wurde manches zu statisch gespielt, doch in sich war die Aufführung schlüssig. Musikalisch bewegte sich Haas zwischen Barock und der Klangwelt seines Lehrers Max Reger. Das Collegium Musicum spielte – wenn auch fröstelnd – von Flöte und Horn bis zu den klangschönen Klavierparts mit Hingabe, akustischen Problemen half ein beigefügter Textzettel ab. Hingabe auch bei den jungen Sängern, mithin eine erstklassige Wiederentdeckung. Gerold Paul
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