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Kultur: Kunstschnäppchen „Häppchenweise“

Sibylla Weisweiler und Ilse Winckler nehmen die Kunst-Genuss-Tour beim Wort und kredenzen kulinarische Kunstkekse

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Kunst und Konsum bilden immer öfter eine Liaison. Wenn es ums Eingemachte geht, heiligt der Zweck nur allzu oft die Mittel. Sibylla Weisweiler und Ilse Winckler bürsten mit ihrer Aktion „Häppchenweise“ anlässlich der 3. Potsdamer Kunst-Genuss-Tour am kommenden Samstagabend das ewige Techtelmechtel von Kunst und Konsum ideenreich gegen den Strich. Von 18 bis 24 Uhr werden die beiden Künstlerinnen das Souterrain des Brandenburgischen Kunstvereins im Luisenforum bespielen.

Bis dahin haben die beiden noch alle Hände voll zu tun, um die insgesamt 250 Kekse zu backen und für das „Dekor“ ausgewählte Motive aus ihrem Bilderfundus mit lebensmittelechter Druckerfarbe auf Esspapier zu drucken. Ist das Kunstmotiv erst einmal quadratisch auf den Keks gebracht, werden die Köstlichkeiten handverlesen in dafür eigens gefertigte Kästchen verpackt und zu wahren Schnäppchenpreisen feilgeboten. Angesichts des sich appetitlich lesenden Verführungskonzepts zum Kunstkonsum von Ilse Winckler und Sibylla Weisweiler sieht sich der kunstsinnige Besucher angesichts der verlockenden Kunsthäppchen unausweichlich vor die Wahl gestellt: Essen oder Sammeln, Konsumieren oder Konservieren? Das steht hier zur Frage! Bei aller Liebe zur Kunst ist wohl selten jemand so weit gegangen und hat sich diese gleich einverleibt. Umso mehr bietet sich hier Experimentierwilligen die Gelegenheit. Andere werden es vorziehen, sich die kleinen Kostproben künstlerischer Kreativität als Erinnerung mit nach Hause zu nehmen.

So oder so hat eine Stippvisite im Kunstverein gute Aussichten, zu einem Genuss ohne Reue zu werden. Und sollte sich gar jemand auf die Kunst-Genuss-Tour verirren, der von Hause aus nicht allzu viel mit Kunst anzufangen weiß, kommt – wer weiß? – ja vielleicht „häppchenweise“ auf den Geschmack.

Hinter der Aktion stehen zwei Künstlerinnen, die sich noch vor gar nicht allzu langer Zeit unter dem Dach des Neuen Atelierhauses Panzerhalle kennen lernten. Hier arbeiten und malen sie tagtäglich Tür an Tür und haben sich offensichtlich, wie man so schön sagt, gefunden. Der Weg der beiden ursprünglich aus Nordrhein-Westfalen stammenden Künstlerinnen nach Berlin führte eingeschlossen beruflicher Exkurse jeweils über die Kunst. Eine weitere Schnittmenge bildet die Malerei.

Wichtig für Ilse Winckler und Sibylla Weisweiler ist die Auseinandersetzung mit dem Raum, auch wenn sie im Ergebnis auf völlig unterschiedliche Weise zum Ausdruck kommt. Sibylla Weisweiler ist nach einer jahrelangen Beschäftigung mit dem Thema Stillleben zu ihren „Draufsichten“ gekommen. Das Bedürfnis, die Dinge aus dem Abstand zu betrachten und zu zeigen, hatte sie darauf gebracht. Diese Draufsichten – zunächst bezogen auf Wasseroberflächen – wurden nach und nach durch Stadtlandschaften aus der Vogelperspektive abgelöst. Bis heute bilden diese, unterstützt von Fotos und Satellitenbildern, gemalten Bilder einen zentralen Schwerpunkt in der Malerei von Sibylla Weisweiler. Kaum postkartengroß bis wandfüllend monumental sind ihre malerischen Ausflüge in die Perspektive aus der Luft.

Zyklus und Serie, die damit einhergehende Kontinuität und der lustvolle Wandel im Prozess charakterisieren nicht nur die Arbeitsweise von Sibylla Weisweiler, sondern auch die ihrer Ateliernachbarin. Ilse Winckler arbeitet aktuell an einer Serie kleinformatiger Bildnisse, „Innenbilder“, die sie auf ausrangierte Fotos malt. Porträts im engeren Sinne hat sie immer wieder gemalt. Dabei wird der Rahmen nicht zu eng gefasst. Neben Personenbildnisse rücken gleichberechtigt auch Landschaftsporträts, die die Künstlerin beispielsweise aus alten Schnittmustern oder fotografischen Elementen zusammensetzt. Unterschiedliche, mit Vorliebe auch durch Gebrauchsspuren gezeichnete Materialien verbinden sich in den Papierarbeiten, Fotomontagen und auf Leinwänden zu einer neuen Bildrealität. In der konzeptstarken Kunst von Ilse Winckler gerät die Collage zum sinnfälligen Ausdruck ihres eigenen Lebensgefühls.

Mit königlichem Vergnügen mixen Ilse Winckler und Sibylla Weisweiler aus ihren Ideen und Talenten eine Rezeptur, die für die Verkostung am Samstagabend ungetrübten Kunstgenuss verspricht.

Almut Andreae

Almut Andreae

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