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Kultur: Kurz abgewickelt: Gala in der HFF

Die Verleihung des Deutschen Kurzfilmpreises

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Die Lolas und Short Tigers 2006 sind am Donnerstag in einer hollywoodesken Gala von Staatsminister Bernd Neumann vergeben worden, doch die Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ ging leer aus. Jedenfalls bei der Preisvergabe. Als Gastgeber der Veranstaltung rund um den „nationalen Spitzenpreis“ (Pressetext) des Kurzfilmgenres steigerte die Hochschule gewiss ihr Renommee. Zur Begrüßung der in Hundertschaften gekommenen Gästeschar war ihr Präsident Dieter Wiedemann noch frohen Mutes, denn die Chancen für seine HFF schienen rechnerisch günstig. Immerhin fünf der zehn nominierten Filmemacher kämen von deutschen Filmhochschulen, und gleich zwei davon wiederum aus der Babelsberger Talentschmiede. Immerhin können sich Daniel Lang mit „Dog“ und Dirk Hendler mit „The Ballad Battle“ über die 12 500 Euro freuen, die sie allein für die Nominierung bekamen.

Welchen Stellenwert besitzt der Kurzfilm heute? Geht es nach der offiziellen Interpretation des für seine Affinität zum Film bekannten Staatsministers, so ist er eine „eigene Kunstform“ und „wichtige Bewährungsprobe für junge Filmschaffende“. Schaut man auf die 50 Jahre Geschichte dieses Preises zurück, tauchen da tatsächlich die Namen von Filmkünstlern wie Edgar Reitz, Wim Wenders, Tom Tykwer oder Werner Herzog auf. Regisseure, denen der Wettbewerb den Weg ins „große“ Kino ebnen konnte.

Aber haben sich nicht die Marktbedingungen rasant gewandelt, bedeuten in den Medien nicht zehn Jahre gleich eine Generationenwende? Wo früher vielleicht noch Platz vor dem Hauptfilm war, unterhält sich das Kinopublikum heute selbstverständlich mit mehr oder weniger gut gemachter Werbung und Trailern. Da mag der Wunsch der Filmförderungsanstalt, die sich mit der Verleihung des neuen „Short Tigers“ an die lange Tradition der Lola gehängt hat, der Gewinner möge „besonders kinogeeignet“ sein, ehrenwert erscheinen, da mögen die mehr als 800 000 Euro, die der Staatsminister jährlich für den Kurzfilm ausgibt, Hoffnung machen. Der Markt hat längst anders entschieden.

Und der Galagast sah es an der Qualität der Bewerberfilme. Der Gewinner der Lola in Gold in der etwas willkürlich wirkenden Kategorie „Spielfilm 7 – 30 Minuten“, „Fair Trade“ von Michael Dreher, z. B. widmet sich dem Babyhandel zwischen Afrika und Europa. Herzzerreißend weinende Mütter, denen das Kind von der Brust gerissen wird, vor Mitgefühl bebende Gesichter und natürlich skrupellose, rauchende Geschäftemacher spielen gewaltig auf der bewährten Rosamunde-Pilcher-Klaviatur. Ein triefender, anprangender Moralismus, dessen „Political Correctness“ schwer zu ertragen ist.

Und so gab die Akrobatik der Vertikaltuchartistin, deren Wickeleien im Luftraum der HFF-Vorhalle das Festpublikum in Staunen versetzte, die grobe Richtung des Genres vor: Es geht insgesamt – trotz aller Kraftanstrengung – streng der Schwerkraft folgend nach unten.

Beinahe symbolisch nahm die Dramaturgie der Preisverleihung diese Tendenz auf. Moderatorin Ulla Kock am Brink, deren Talkshowkarriere beim RBB zuletzt etwas abrupt beendet wurde, führte gerade noch professionell zu nennen durch die zwei Stunden Programm, das in seiner Schlichtheit und Emotionslosigkeit an die Ausgabe von Halbjahreszeugnissen erinnerte. Erstaunlich in der Filmbranche, in der Tränen locker auch schon für kleinere Summen als 30 000 Euro Preisgeld vergossen werden, und in der das im Superlativ gehaltene Lob üblicherweise den Jargon prägt. Kock am Brinks Fähigkeit, wenigstens im Moment der Feier für Glanz zu sorgen, beschränkte sich auf den Dank an die Redner, wahlweise für deren „engagierten“ oder „ambitionierten“ Worte. Wenn man eine Schauspielerin wie Christiane Paul als erstes nach dem „Themenspektrum“ der von der Jury begutachteten immerhin siebzehn Filme fragt, darf man schließlich auch keine bewegende Antwort erwarten.

Nominierte, Preisträger und Jurymitglieder, die für die Verlesung der Begründung zuständig waren, wurden in kurzer Abfolge die Bühne hinauf und hinab gewunken. Mikro und Pult bauten flink fleißige Hände vor jeder Einspielung auf und wieder ab. Weder Neumann noch die Moderatorin wussten bei diesem Tempo selten – ohne Blick auf die Urkunden – wen sie da eigentlich vor sich hatten. Nein, nicht wirklich standen die Filmemacher im Vordergrund. Im Hintergrund jedenfalls wartete das üppige Büffet mit Tappas, Saté- und Shrimpsspießchen.

Matthias Hassenpflug

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