
© Hans Ludwig Boehme
Kultur: Lachen über liebestolle Adlige
Am Freitagabend hat Goldonis spritzige Barockkomödie „Mirandolina“ Premiere im Gasometer des Hans Otto Theaters
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Wenn bei einem Trauerspiel das Publikum nicht weint, könnte man als Schauspieler die Vorstellung überstehen. Doch bei einer Komödie sieht es anders aus. Niemand lacht im Zuschauerraum? „Dann muss auf der Bühne etwas schief gelaufen sein, dann ist die Inszenierung oder wir Schauspieler sind nicht gut gewesen“, resümiert der Schauspieler Jon-Kaare Koppe. Es gibt verschiedene Arten von Amüsements: das wohlwollende, stille Lächeln, das gespielte Lächeln, das Kichern, das herzliche Lachen, das Ein-Meter-Lachen, das auf kurze Distanz wirkt oder den Lachanfall. Beim Letzteren muss man nicht unbedingt damit rechnen, dass ein Notarzt eingeschaltet wird. Das Lachen von ganzem Herzen hat auf jeden Fall etwas mit Behagen, guter Laune und Frohsinn zu tun. Das will die diesjährige Sommertheater-Inszenierung des Hans Otto Theaters im Gasometer wieder verbreiten. Heute Abend ist Premiere.
Für das Ende der Saison haben die Theatermacher Carlo Goldonis Komödie „Mirandolina“ ausgewählt. Das Stück, das unter der Regie von Intendant Tobias Wellemeyer und in der Ausstattung von Alexander Wolf und Iris Burisch über die Bühne geht, ist neben „Der Diener zweier Herren“ des italienischen Barockdichters Goldoni meistgespieltes und spritzigstes Werk. Es wurde im Januar 1753 in Venedig zum ersten Mal aufgeführt. Goethe sah das Stück während seiner italienischen Reise und war befriedigt: „Man klatschte Beifall mit frohem Mute und war ergötzt.“ Der englische Dichter Lord Byron bezeichnete es überschwänglich als „eine der besten Komödien, die Europa je hervorgebracht hat“.
Jon-Kaare Koppe und sein Kollege Philipp Mauritz spielen zwei liebestolle Adlige, die bei der selbstbewussten Florentiner Hotelchefin Mirandolina (Meike Finck) Schlange stehen. Mauritz spielt den verarmten Marchese von Albafiorita, der die Angebetete mit Schmeicheleien umgibt, und Koppe den reichen Grafen von Forlinpopoli, der mit großzügigen Geschenken aufwartet. „Deren putzige Namen sind Programm genug. Für Mirandolina sind sie keine ernstzunehmenden Liebhaber“, erzählt Philipp Mauritz. Die Herbergswirtin ist nämlich auf den Cavaliere von Rippafratta, einen „Frauenhasser“ (Wolfgang Vogler), erpicht, der es ihr nicht einfach macht, ihn für die Liebe zu begeistern. Doch dann gibt es noch den jungen Kellner Fabrizio (Holger Bülow), der seine Chefin gern für sich gewinnen möchte. Unsympathisch ist er ihr zwar nicht, doch in Anbetracht der hochgestellten Nebenbuhler scheinen seine Chancen mehr schlecht als recht zu bestehen. Doch Fabrizio weiß sich zu helfen. Er engagiert zwei Schauspielerinnen (Juliane Götz und Nicola Ruf), die sich als reiche, adlige Damen ausgeben sollen, um die buhlenden Adligen zu ködern und von seiner Angebeteten wegzulocken. Nur hat er die Rechnung ohne Mirandolina gemacht. Intrigen um Intrigen entspinnen sich. Doch in einer Komödie von Goldoni wird die echte Liebe belohnt. Wer schließlich die Chefin nicht nur ins Hotel- sondern Ehebett führt, das dürfte leicht zu erraten sein. Letztlich siegt die Natürlichkeit.
„Einen intellektuellen Theaterabend mit psychologisierenden Vorgängen sollte man bei „Mirandolina“ nicht erwarten, sondern ein heiteres, manchmal auch derbes Verwechslungsspiel, das bei uns nicht unbedingt mit Aktualisierungen aufgepeppt wird“, meint Jon-Kaare Koppe. „Es könnte die richtige Unterhaltung für einen leichten Sommerabend werden, bei dem herzliches Lachen ganz oben steht“, wirft Philipp Mauritz ein. „Situationskomik und Slapstick geben sich die Hand“. Beide Schauspieler bringen große Komödien-Erfahrung mit. Gemeinsam standen sie als Partner in Sachen Lustspiel mehrmals auf der Bühne, sei es in Shakespeares „Der Widerspenstigen Zähmung“, „Außer Kontrolle“ von Ray Cooney und „Der nackte Wahnsinn“ von Michael Frayn. Beide verstehen es wunderbar, sich die komödiantischen Bälle zuzuwerfen. „Aber wer denkt, das schütteln wir nur so aus dem Ärmel, der irrt. Disziplin, Konzentration und ständiges Training sind die Voraussetzungen dafür, dass uns solche Bälle leicht von der Hand gehen“, bemerkt Koppe.
Dann gibt es noch einen kleinen intellektuellen Smalltalk über das Wetter. Im Fall der Open-Air-Aufführung ist das allemal berechtigt. „Aber was hilft das Klagen und Wünschen, es kommt wie es kommt“, meint Philipp Mauritz. Und doch würde er sich über warme Sommerabende freuen. „Zumindest für die Vorstellungen“.
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