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Kultur: Langsame Schritte, aufmerksame Augen, wacher Geist

Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten setzte ihre Reihe „Die Entdeckung der Langsamkeit“ im Marlygarten fort

Stand:

Die Bauleidenschaft König Friedrich Wilhelms IV. wuchs ins Unermessliche. Doch mit den Jahren flüchtete er sich in die Einsamkeit der von ihm geschaffenen Landschaft Sanssoucis, in der noch wenig an den ursprünglichen „Garten“ seines Vorfahrens Friedrich des Großen erinnerte. Doch dem König fehlte der Schlussstein. Und er sollte nicht für irdisches Feiern und Schauen gedacht sein, sondern der himmlischen, der paradiesischen Welt, der sich der Monarch in späteren Jahren ahnungsvoll immer mehr näherte. Er gedachte sein Leben und sein Werk durch einen südlich empfundenen Kirchenbau, eine Basilika, zu krönen. „Der Name Friedenskirche lächelt mich so an“, schrieb er in einem Brief. Das Gotteshaus, gebaut von Ludwig Persius, galt als „Auftakt“ für den Marlygarten, jener Anlage, in der Friedrich Wilhelm I. einst Kohlköpfe und Obstsorten anbauen ließ.

In diesem Garten gab es am Wochenende eine „Entdeckung der Langsamkeit“. Rund 80 Marlygarten-Interessierte begaben sich auf einen Erkundungs-Spaziergang, langsamen Schrittes, aufmerksamen Auges und wachen Geistes. Die Bäume und Büsche, Wiesen, Plastiken und Gebäude des Areals wurden an diesem Abend in ein wundersames Licht getaucht. Es war die dritte Veranstaltung der Reihe „Die Entdeckung der Langsamkeit“der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. Jörg Wacker, stellvertretender Gartendirektor, führte durch den traumhaften Garten des Landschaftsgestalters Peter Joseph Lenné und des „Romantikers auf dem Thron“, Friedrich Wilhelm. Vielleicht wären für die Führung zwei Gruppen günstiger gewesen, denn Jörg Wacker erreichte akustisch nicht immer alle Zuhörer. Dabei gab es mancherlei zu erkunden: den Teeplatz mit der Flora-Figur und dem Pleasure ground, einem Schmuckbeet, „das sich wie eine Lava in den Garten ergießt“, oder die blau-weiße Glassäule, die der Königin Elisabeth, der Frau Friedrich Wilhelms an ihre bayerische Heimat erinnern sollte.

Dann wurde zu einem Konzert an der italienisierenden Villa Illaire eingeladen, für das der Berliner Regisseur Nils Niemann ein Programm mit Liedern zur Gitarre und Harfenmusik aus der Zeit der Romantik zusammenstellte und selbst moderierte. Die hohe Luftfeuchtigkeit war den Instrumenten nicht sehr hold und so mussten die Gitarristin Juliane Tief und der Harfenist Thomas Siener sowie die Zuhörer mit Intonationsschwankungen vorlieb nehmen. Lieder von Felix Mendelssohn Bartholdy und Louise Reichardt sang Frank Szafranski, begleitet von Juliane Tief, mit zu harten und nicht sehr farbenreichen Tenortönen. Nils Niemanns Moderation war für das Programm hilfreich, doch die Wiedergabe der Lyrik Goethes und Heines geriet zu pathetisch, zu gekünstelt. Die warm klingenden Harfentöne, denen Thomas Siener Musik von Gioacchino Rossini, Robert Schumann oder Mendelssohn entlockte, mischten sich wunderbar mit dem stillen Abend. Zum Abschluss sang Frank Szafranski Louise Reichardts Lied „An den Erlöser“, das noch an den Ausgangspunkt der Führung, die Friedenskirche, verwies. Die geistliche Aura des Gotteshauses sollte auf den umschlossenen Bezirk des Marlygartens übergehen. Man könne aber nur dahin gelangen, wenn man zuvor eine Läuterung in der Basilika erführe, so die Meinung Friedrich Wilhelms IV.

Doch der Marlygarten mit seinen so eindrucksvoll komponierten Parkbildern, so Jörg Wacker, wird heutzutage fast nur noch als Transitstrecke benutzt, obwohl die Entdeckung der Langsamkeit sich hier besonders lohne. Klaus Büstrin

Nächste Veranstaltung: 22. August, 19 Uhr, Park Babelsberg, Info: Tel. 9694202

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