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Kultur: Legendär

Detlef Kraus: Teilnehmer Potsdamer Meisterkurse

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Im Jahre 1931 wurde Potsdam Anziehungspunkt für viele Musiker aus der ganzen Welt. Die zwei Jahre zuvor vom Deutschen Musikinstitut für Ausländer ins Leben gerufenen Meisterkurse fanden zunächst in Berlin statt. Doch das idyllische Potsdam schien den Organisatoren das bessere Pflaster für ein konzentriertes Arbeiten als das unruhige Berlin zu sein.

Außerdem hatten beispielsweise die international berühmten Künstler wie der Dirigent Wilhelm Furtwängler und der Pianist Wilhelm Kempff ihren Wohnsitz in der Havelstadt. Auch der Geiger Georg Kulenkampff, der Pianist Edwin Fischer, der Cellist Gasparo Cassado, der Komponist Max von Schillings, die Sopranistin Emmi Leisner hielten in Potsdam Meisterkurse ab. Zum Ort des Musizierens wurde das klassizistische Marmorpalais im Neuen Garten auserkoren. Dreizehn Jahre lang – bis 1944 – wurde Potsdam in jedem Sommer zur Musikmetropole. „Kempff unterrichtete dreimal wöchentlich. Der Stoff umspannte von Bach an einen beträchtlichen Teil des klassischen Pianisten-Repertoires“, heißt es in einem zeitgenössischen Bericht. Nicht nur Unterricht wurde im Neuen Garten gegeben, sondern man konnte hervorragende Konzerte im Marmorpalais und im Barberinipalast in der historischen Mitte Potsdams erleben.

Auch Detlef Kraus gehörte zu den Meisterkurs-Schülern im Marmorpalais. Bei Wilhelm Kempff nahm er Unterricht. 1952 hat Kraus“ Lehrer in einem Rundfunkinterview über ihn gesagt, dass Detlef Kraus für ihn der bedeutendste Pianist seiner Generation gewesen sei. Auch als Pädagoge habe er ihn sehr geschätzt. So hat Kempff den 1919 geborenen Musiker nach Positano bei Neapel eingeladen, um bei den dortigen Interpretationskursen zu lehren, später auch in Japan. Detlef Kraus besuchte vor einigen Jahren wieder Potsdam, nicht als Lehrer, sondern als Pianist. Sein Berliner Kollege Siegfried Schubert-Weber erinnert sich an die beiden Konzerte, die Kraus in der Landeshauptstadt gab. So an den Abend im Palmensaal in der Orangerie des Neuen Gartens während der Potsdamer Bach-Tage: „Das reine Bach-Programm enthielt Präludien und Fugen aus dem Wohltemperierten Klavier sowie das mit festlichem Schwung dargebotene Italienische Konzert. Von großer barocker Kenntnis geprägt erklangen diese Werke in hoher geistiger Spannung der ,Tutti“ und ,Soli“. Eine ungeheure pianistische Leistung, die man so schnell nicht vergessen kann.“

Der Sommerabend im Neuen Garten war für Detlef Kraus mit vielen Erinnerungen gefüllt. Die Intensität, mit der Schüler und Lehrer bei den Potsdamer Meisterkursen musizierten, seien enorm gewesen, so der Pianist. „Inmitten der furchtbaren politischen Atmosphäre der dreißiger und vierziger Jahr haben wir versucht, mit der Musik den Geist der Toleranz, der Völkerverständigung und des Friedens zu beschwören. Aus den USA, aus Lettland, Norwegen, Dänemark oder der Tschechoslowakei kamen die jungen Menschen nach Potsdam.“

Detlef Kraus, der gefeierter Pianist und Präsident der Johannes Brahms Gesellschaft in Hamburg war, starb am 7. Januar dieses Jahres im Alter von 88 Jahren – einer der wohl letzten Zeugen der legendären Potsdamer Meisterkurse.

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