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Daniel Schnyder 

© promo

Von Klaus Büstrin: Lehrstück: Wie eine Posaune klingen kann Daniel Schnyder

bei der Kammerakademie

Stand:

Ein bisschen Eitelkeit muss schon dabei gewesen sein, als Stefan Schulz, Posaunist bei den Berliner Philharmonikern, nach der Aufführung des Violinkonzerts von Daniel Schnyder den Komponisten bat, das Geigensolo für sein Instrument einzurichten. Getreu dem Motto: Was die Violine kann, kann die Posaune schon lange. Selbst der Schweizer Schnyder, der heute in New York lebt, traute seinen Ohren nicht, als er des Philharmonikers Wunsch vernahm. Er ließ sich aber darauf ein und schrieb Teile des Violinkonzerts für die Bassposaune um. Doch für ein ausgewachsenes Konzert reichte es nicht. So mussten noch andere kompositorischen Erfindungen Schnyders – das Trompeten - sowie das Naynkonzert (arabische Bambusflöte) dran glauben, dem Blechblasinstrument zu Diensten zu stehen. Nur der dritte Satz „roTor“ (um sich selber kreisend) wurde neu komponiert. Und so ist er die eigentliche Neukomposition. Alle Sätze wurden zu einer Suite zusammengestellt, die nun von der Kammerakademie Potsdam unter der Leitung von Michael Sanderling sowie mit dem Solisten Stefan Schulz im Sinfoniekonzert im Nikolaisaal zur Aufführung gebracht wurden. Schnyder setzt sich über Sparteneinordnungen Klassik, Jazz oder Weltmusik hinweg. Die Musik versteht er als etwas Ganzheitliches. In der in Potsdam aufgeführten Konzertsuite bevorzugt Daniel Schnyder eine Melange aus Elementen der ernsten und der Unterhaltungsmusik. Jazz und südamerikanische Volksmusik fließen dabei ein. Die Suite will den Zuhörer ohne Wenn und Aber erreichen. Dies gelingt dem Komponisten auch mit dieser eher freundlich-gefälligen Musik. Und man war zugleich begeistert, wie virtuos die ansonsten etwas „schwerfällige“ Posaune klingen kann. Stefan Schulz ist auf seinem Instrument ein Meister, ein über technischen Schwierigkeiten absolut stehender Musiker. Er hat es mit der Interpretation von Schnyders Suite erneut bewiesen. Der Beifall des Publikums für den Solisten, Komponisten, Dirigenten und die engagiert spielende Kammerakademie war überaus herzlich, so dass einer Zugabe nichts im Wege stand. Dabei stand aber Stefan Schulz nicht mehr im Mittelpunkt, sondern der Saxofonist Schnyder, der sein eigenes Stück „Memoires“ mit allen Mitwirkenden musizierte. Damit sollte auch auf das sich anschließende Nachtkonzert hingewiesen werden, in dem Schnyder, Schulz und Mitglieder der Kammerakademie weitere Stücke des Schweizer Komponisten zu Gehör brachten.

Das Sinfoniekonzert hielt weitere Werke parat, so Ludwig van Beethovens weitgehend dramatisch angelegte Coriolan-Ouvertüre, die von „schlagfertiger Bestimmtheit“ (Goethe) charakterisiert ist. Und so musizierten sie dann auch Sanderling und die Kammerakademie. Abschließend wurde das Mendelssohn-Jahr eingeläutet. 2009 nämlich wird der 200. Geburtstag Felix Mendelssohn Bartholdys gefeiert. Man entschied sich für die Sinfonie Nr. 4 A-Dur op. 90, auch „Italienische“ genannt. Wie viele seiner Zeitgenossen wurde der Komponist von der Italien-Sehnsucht erfasst. Er reiste in den Süden und verarbeitete seine Erlebnisse in Noten. Doch Michael Sanderling hat nicht nur die lichtvollen Seiten des mediterranen Landes in seiner Wiedergabe reflektiert. Er brachte die zwiespältig dunklen Farben und die nachdenklichen Stimmungen sehr deutlich zum Ausdruck. Mendelssohns poetisch-musikalische Ansichtskarte aus Italien wurde von der Kammerakademie ohne jeglichen „Postkarten-Kitsch“ den Besuchern im Nikolaisaal überreicht.

Zu der differenzierten musikalischen Stimmung trug auch das Klangbild bei. Es war ausgewogen in den Instrumentengruppen, klar und von natürlicher Weiträumigkeit. Das Publikum empfing die Grüße schließlich mit freundlicher Akklamation.

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