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Kultur: Leidenschaft für Kleist

Gedenken zum 200. Todestag des Dichters

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Kaum ein anderer deutscher Dichter hat so heftig die Gemüter seiner Zeitgenossen und Nachfahren bewegt, kaum ein anderer ist so maßlos missverstanden, verleumdet, verfälscht und missbraucht worden wie Heinrich von Kleist. Diesem Dichter, dessen Biografie von harten Gegensätzen bestimmt war – er diente beim preußischen Militär, schrieb gefühlvolle Lyrik, musste sich mit Depressionen quälen, schrieb rätselhafte und sprachgewaltige Dramen und witzige Komödien – war ein Abend in der Reithalle des Hans Otto Theaters gewidmet.

Anlass war der 200. Todestag des Dichters am 21. November, und als Initiatorin fungierte die Heinrich-von Kleist-Schule, eine Einrichtung des zweiten Bildungsweges. In ihren Mauern – sie beherbergten die Große Stadtschule – nahm der 1777 in Frankfurt an der Oder Geborene als 21-Jähriger Privatunterricht beim Konrektor Bauer. Da war er Leutnant und diente gemäß der Familientradition als Leutnant des 3. Bataillons des Garderegiments zu Potsdam. Doch wissenschaftliche Erkundungen und die Philosophie wurden für ihn wichtiger als das Soldatsein. Er pflegte tiefe Freundschaften mit Gleichgesinnten und hatte ein kurzes Herzensverhältnis mit Luise von Linckersdorf.

„ meine Seele ist so wund“ nannten die Studierenden nun ihre eindrucksvoll gestaltete szenische Lesung, die sie am Montag in der Reithalle aufführten. Kleists ungewöhnliches Sterben – er nahm sich mit seiner gleichgesinnten Freundin Henriette Vogel am Kleinen Wannsee das Leben – stand im Mittelpunkt der Inszenierung, die von Andreas Lüder vom Theater Marameo verantwortet wurde. Er ist mit seinem freien Theater seit mehreren Jahren Gast von Aufführungen auf dem Hof der Kleist-Schule. 2011 wurde „Prinz Friedrich von Homburg“ von Heinrich von Kleist in Szene gesetzt.

In der Lesung, die sich aus Briefen, Berichten aus Zeitungen und anderen Dokumenten des Dichters und seiner Zeitgenossen zusammensetzt, ging es in erster Linie um den selbst gewählten Tod des Dichters und Henriette Vogels, bei dem ein Rest von Geheimnis bleibt. Eine Frage stellte sich in der Reithalle: Warum ehrte man den Dichter, der so unendlich viel für die Sprache getan hat, mit englischsprachigen Popsongs? So viel Gefühligkeit braucht Kleist nicht.

Die Studierenden der Kleist-Schule haben sich im Gedenkjahr dem Namensgeber ihrer Einrichtung intensiv zugewandt. Stets vornweg ihre Direktorin Angelika Hoffmann und Lehrer der Leistungskurse Deutsch wie Angelika Kunze oder Christopher Braun. Mit Leidenschaft für Kleist haben sie sich ganz unterschiedlichen Projekten zugewandt und diese verwirklicht. Vor allem „Die Kleist-Spur“ hat sie beschäftigt. An verschiedenen Orten in der Potsdamer Innenstadt befragten sie mit Texten des Dichters und seiner Zeitgenossen den Weg, den er in der einstigen Residenzstadt gegangen ist. Zu Themen wie „Adel verpflichtet“, „Herzensangelegenheiten“ oder „Seelenverwandtschaften“ haben die jungen Leute für sich und für viele andere Interessierte der Landeshauptstadt ein facettenreiches Bild vorrangig vom Kleist-Aufenthalt in Potsdam geschaffen.Klaus Büstrin

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